Bundestagsanhörung zur inklusiven Arbeitswelt
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In einer Anhörung hat sich der Ausschuss für Arbeit und Soziales heute mit dem Thema „Inklusive Arbeitswelt“ befasst. Dabei fand die Sitzung unter der Leitung von Bernd Rützel (SPD) im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus statt. In der Anhörung wurde über die Anträge der CDU/CSU mit dem Titel „Potentiale nutzen - Inklusive Arbeitswelt stärken (20/1013) und ein Antrag der Fraktion Die Linke mit dem Titel “Volle und wirksame Partizipation von Menschen mit Behinderungen und deren Organisationen garantieren„ (20/1115) debattiert.
Der Beauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderungen Takis Mehmet Ali von der SPD hatte die Debatte begonnen. Seine Frage ging an den Deutschen Gewerkschaftsbund an Frau Silvia Helbig. Die Bundesregierung plant die vierte Stufe der Ausgleichsabgabe und Unternehmen müssen ab 20 Beschäftigten mindestens fünf Prozent ihrer Arbeitsplätze mit Menschen mit Behinderung besetzen, wenn sie diese nicht erfüllen müssen sie eine Ausgleichsabgabe leisten. „Halten sie die Einführung einer vierten Stufe einer Ausgleichsabgabe für ein geeignetes Mittel, um Arbeitgeber zu motivieren ihrer Gesellschaftliche Verantwortung wahrzunehmen?“ Frau Helbig beantwortet die Frage mit Ja. Mit einem ausdrücklichen Ja. Dabei lobte sie den Koalitionsvertag unter anderem, weil dort die vierte Stufe der Ausgleichsabgabe drinsteht, sowie die Stärkung des Bem (Betriebliche Eingliederungsmanagement). So fordere sie schon seit längeren das die Unternehmen in die Pflicht genommen werden. Auch würde jedes vierte Unternehmen keinen Schwerbehinderten Menschen beschäftigen.
Die Bundestagsabgeordnete Angelika Glöckner (SPD) hatte ebenfalls den Deutschen Gewerkschaftsbund befragt. Dabei fragte sie wie der DGB das Bem beurteilt im Hinblick auf einer Inklusiveren Arbeitswelt. Frau Helbig antwortete sie halte das Bem für ein wichtiges und gutes Instrument, so helfe es Beschäftigen die längere Zeit krank waren wieder an ihren Arbeitsplatz zurückzukehren.
Wilfried Oellers der Behindertenbeauftragte der CDU/CSU-Fraktion richtete seine Frage ans bag if (Das Netzwerk inklusiver Unternehmen). Wie der bag if zu den verschiedenen Maßnahmen im Antrag der Union zu den Forderungen der Stärkung der Inklusionsbetrieben stehe, insbesondere mit Blick auf den Zugang zur gemeinnütziger Unternehmen zur Wirtschaftsförderung und der Schaffung von Rechtsklarheit im vergabe Recht für Inklusionsbetriebe durch den Bundesweiten Erlass einer Verwaltungsvorschrift? Frau Rustige vom bag if begrüßte die Forderungen im Antrag der Union und machte darauf Aufmerksam, dass die Inklusionsbetriebe jetzt gerade von besonderen Herausforderungen stehen aufgrund von der Post-Corona-Zeit und mit der Einführung des Mindestlohns im Oktober, diese werde sie nicht ohne besondere Unterstützung bewältigen können. Aus diesem Grunde ist der Zugang zur Wirtschaftsförderprogrammen unerlässlich zu Unterstützung.
Corinna Rüffer die Behindertenpolitische Sprecherin der Grünen hat Frau Monika Labruier vom ProjektRouter gGmbH befragt. „Wie schaffen sie es Menschen mit hohen Unterstützungsbedarf tatsächlich in den ersten Arbeitsmarkt hineinzuvermitteln?“ Frau Labruier erklärt sie sein 2004 mit einem Modellprojekt gestartet, wo sie gemeinsam mit der Arbeitsagentur und dem Inklusionsamt, die Arbeit in den Unternehmen sich angeschaut haben und sind als Inklusionsbetrieb in die Unternehmen gegangen. Zudem müsse viel mehr geschaut werden welche Potenziale Unternehmen bieten und was brauchen Unternehmen an Unterstützung, damit ein Inklusiver Arbeitsmarkt entstehen kann, so Labruier.
„Die Inklusion behinderter Menschen in den allgemeinen Arbeitsmarkt und die Sicherstellung der Partizipation bei politischen Entscheidungsprozessen muss in Deutschland zum Standard werden und darf nicht weiterhin lediglich eine Ausnahme bleiben.“ Mit dieser Forderung ging Ottmar Miles-Paul als Sprecher des Selbstvertretungsbündnisses behinderter Menschen, LIGA Selbstvertretung, in die Anhörung.
„Allein die Tatsache, dass über 40.000 - und damit ca. 25 Prozent - der beschäftigungspflichtigen Unternehmen - keinen einzigen behinderten Menschen beschäftigen, macht deutlich, wie groß der Handlungsbedarf für einen inklusiven Arbeitsmarkt ist. Vor allem auch, wenn man bedenkt, dass konstant weit über 160.000 behinderte Menschen arbeitslos gemeldet sind. Hinzu kommen über 300.000 behinderte Menschen, die weit unter dem Mindestlohn und mit sehr geringen Chancen zur Vermittlung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt in Werkstätten für behinderte Menschen arbeiten müssen. Diese Zahlen machen die Versäumnisse der Behindertenpolitik der letzten Jahre deutlich, so dass nun schnelles Handeln im Sinne des Inklusionsauftrags der auch in Deutschland geltenden Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen angesagt ist, “erklärte der Sprecher der LIGA im Vorfeld der Anhörung.
Antrag der Union
Die Union fordert in ihrem Antrag (20/1013), die Potenziale von Menschen mit Behinderungen besser zu nutzen und eine inklusive Arbeitswelt zu stärken. Trotz vieler Fortschritte in den vergangenen Jahren liege die Arbeitslosigkeit von Menschen mit Behinderungen immer noch deutlich über jener nichtbehinderter Menschen, heißt es im Antrag. Dabei sei der Anteil der Personen mit abgeschlossener Berufsausbildung bei den arbeitslosen Menschen mit Behinderungen höher als bei Menschen ohne Behinderungen, schreibt die CDU/CSU-Fraktion zur Begründung.
Aus diesem Grunde fordert sie von der Bundesregierung unter anderem eine bessere wirtschaftliche Absicherung von Inklusionsbetrieben und den Ausbau von Beratungsangeboten für Arbeitgeber. Das Budget für Arbeit solle durch eine Erhöhung der Lohnkostenzuschüsse attraktiver gemacht werden.
Antrag der Linken
Die Linken fordern in ihrem Antrag (20/1115), die volle Partizipation von Menschen mit Behinderungen und ihren Organisationen zu garantieren. Diese sei Kernelement der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK), jedoch im politischen Handeln noch nicht selbstverständlich, kritisiert die Fraktion.
Sie fordert von der Bundesregierung deshalb, gemäß der UN-BRK, transparente Kriterien für eine barrierefreie, volle Partizipation von Menschen mit Behinderungen und ihren Organisationen und Verbänden mit diesen zusammen zu erarbeiten. So soll diese dann für die Tätigkeit der Bundesministerien in deren Geschäftsordnung verankert werden. Auch sollen die Fristen für Rückmeldungen und die Abgabe von Stellungnahmen von Organisationen und Verbänden im Rahmen der Verbändeanhörung deutlich verlängert werden.
Autor: dm / © EU-Schwerbehinderung
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