Staatsrechtler warnt vor möglichem Scheitern eines AfD-Verbotsverfahrens
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Der Staatsrechtler und Direktor des Instituts für Öffentliches Recht und Verwaltungslehre der Universität zu Köln, Markus Ogorek, hat vor dem möglichen Scheitern eines Verbotsverfahrens gegen die AfD gewarnt. „Es gibt durchaus Argumente, die für ein Verbot der AfD sprechen. So lässt sich etwa nicht bestreiten, dass die Partei durch ihre Wahlerfolge die notwendige ‚Potenzialität‘ im Sinne der Verbotsrechtsprechung besitzt“, sagte Ogorek dem RND. „Zudem hat das Bundesverfassungsgericht seit der zweiten Entscheidung zum NPD-Verbot wohl seine Anforderungen gesenkt: Ein ‚planvolles‘ Vorgehen scheint offenbar auszureichen und ein schwieriger nachzuweisendes ‚aggressiv-kämpferisches‘ Verhalten nicht mehr zwingend gefordert“, sagte Ogorek weiter. Dennoch sei er aus rechtswissenschaftlicher Sicht nicht von dieser Initiative überzeugt.
„Der zentrale Punkt bleibt die Frage, ob die Partei in ihrer Breite verfassungsfeindliche Ziele verfolgt. Hier sehe ich die entscheidende Schwäche des Vorhabens: Das Bundesverfassungsgericht muss nach seiner eigenen Rechtsprechung nicht weniger als überzeugt davon sein, dass die AfD in ihrer Gesamtheit verfassungsfeindlich ist. Die AfD aber hat es über die Jahre hinweg gelernt, ihre offiziellen Programme und Beschlüsse so zu gestalten, dass sie ganz überwiegend innerhalb der verfassungsrechtlichen Grenzen bleiben“, erklärte Ogorek.
Zwar gebe es zahllose extremistische Äußerungen einzelner Parteimitglieder und auch führender Akteure. Angesichts der Größe der Partei bleibe aber unklar, ob diese für ein Verbot ausreichen. „Dass den Antragstellern dieser Unterschied vielleicht nicht ganz klar geworden ist, legen ihre Verweise auf das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht Münster nahe, das die Verdachtsfalleinstufung der AfD unbeanstandet gelassen hatte“, sagte der Rechtswissenschaftler. Denn im Rahmen des Verfassungsschutzrechts würden lediglich „tatsächliche Anhaltspunkte“ für verfassungsfeindliche Bestrebungen innerhalb der AfD verlangt, was sich von der Schwelle im Verbotsverfahren gravierend unterscheide. Ein Verbotsverfahren sei deshalb äußerst riskant.
„Sollte das Bundesverfassungsgericht die AfD nicht als verfassungsfeindlich einstufen, könnte dies der Partei letztlich einen gefährlichen Erfolg bescheren: Ihr würde von höchster Stelle bescheinigt, sich – zumindest noch – auf dem Boden des Grundgesetzes zu bewegen“, sagte Ogorek. Alle Beteiligten müssten daher sehr sorgfältig abwägen, ob sie dieses Risiko eingehen wollen. „Dies gilt unabhängig davon, dass ich die wiederkehrende Forderung, die AfD sei ‚politisch zu stellen‘, nach wie vor als wenig hilfreich empfinde, weil hierauf bislang kein Konzept gefolgt ist, mit dem dieser Forderung Taten folgen würden“, sagte Ogorek weiter.