Wie Kinder von Zugewanderten ihren Eltern helfen
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Viele Zugewanderte in Deutschland werden langsam älter. Ihre erwachsenen Kinder fühlen sich jetzt verpflichtet, die Eltern zu unterstützen. Womit ältere Menschen mit Migrationshintergrund zu kämpfen haben und was ihre Kinder als "Generation Verantwortung" leisten, zeigt das Gesundheitsmagazin "Apotheken Umschau".
Frühere Sprachkurse nur für betriebliche Abläufe
Viele Menschen, die seit den späten 1950er Jahren als "Gastarbeiter" nach Deutschland gekommen sind, haben sich regelrecht "kaputtgearbeitet". Studien lassen vermuten, dass es in Deutschland älteren Menschen mit Migrationshintergrund gesundheitlich schlechter geht als älteren deutschstämmigen Personen - unter anderem wohl, weil viele Zugewanderte der ersten Generation körperlich belastende Jobs hatten und einem größeren Unfallrisiko am Arbeitsplatz ausgesetzt waren.
Erschwerend kommt hinzu, dass die Integration älterer Zugewanderter in vielen Fällen nicht gut gelaufen ist - Deutschland habe sich seit jeher nicht als Einwanderungsland verstanden, sagt Prof. Dr. Serhat Karakayali, Migrationsforscher an der Universität Lüneburg. Die Sprachkurse, die es für die erste Generation gab, seien vor allem für die betrieblichen Abläufe gedacht gewesen. Wie man sich mit Nachbarn unterhält - oder gar in der Arztpraxis -, spielte dagegen keine Rolle.
Wenige Angebote zur Entlastung der Jüngeren
Das bürdet den erwachsenen Kindern der Einwanderergeneration oft große Verantwortung auf. Auch wer keinen Migrationshintergrund hat, kennt das Hin und Her zwischen den Bedürfnissen der älter werdenden Eltern und den Ansprüchen des eigenen Alltags mit Familie und Beruf. Kommen in der Versorgung noch Sprach- und kulturelle Barrieren hinzu, wird die Herausforderung ungleich größer. Es gilt, die Eltern durch das Gesundheits- und Pflegewesen zu lotsen, in Arztpraxen und bei Behörden zu dolmetschen.
Angebote, die die Jüngeren in ihrer Sorge entlasten könnten, gibt es bislang wenige. Dazu zählen die "Wegbegleiter" der Caritas in Frankfurt: Rund 20 Männer und Frauen mit unterschiedlicher kultureller Herkunft unterstützen hier ältere Migrantinnen und Migranten unter anderem dabei, sich im Gesundheitssystem zurechtzufinden und Papierkram zu erledigen. Doch solche Projekte sind bislang Ausnahmen. Als ersten Schritt wünscht sich Döne Gündüz, Sozialpädagogin in Offenbach, "ein größeres Bewusstsein in der Gesellschaft für den Spagat", den jüngere Angehörige da leisten. Dann könnte es hoffentlich bald mehr Verständnis beim Gesundheitspersonal, bessere Dolmetscher-Angebote in Kliniken und Praxen sowie mehr Hilfsangebote insgesamt geben.
Tipp: Um im deutschen Gesundheitswesen klarzukommen, helfen zum Beispiel Gesundheitslotsen oder -mediatorinnen, die selbst einen Migrationshintergrund haben und in ihrer Herkunftssprache beraten. Das Angebot gibt es in zahlreichen Städten, darunter Köln, Stuttgart, Leipzig, Gütersloh und Karlsruhe.