Jeder fünfte Bahnhof in Deutschland ist nicht barrierefrei
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In Deutschland ist jeder fünfte Bahnhof für Rollstuhlfahrer, Senioren und Kinderwagen nicht oder kaum zugänglich. Von Rund 5700 Bahnhöfen der Deutschen Bahn (DB) sind mehr als 1000 zurzeit nicht barrierefrei, laut dem Bundesverkehrsministerium. Dieses geht aus einer Antwort des Ministeriums auf eine Anfrage der FDP hervor, die EU-Schwerbehinderung vorliegt.
Ein barrierefreier Zugang ist nicht nur für behinderte Menschen, besonders wichtig. Immer wieder steht die Deutsche Bahn deshalb in Kritik, denn viele Bahnsteige sind bis heute nicht barrierefrei gestaltet und der Zugang zu den Zügen deshalb nur erschwert oder gar nicht möglich. (wir berichteten)
Von 9.234 aktiven Bahnsteigen sind nur 7. 712 aktive Bahnsteige stufenfrei erreichbar. Somit sind 1.522 Bahnsteige noch nicht barrierefrei. „Es ist ein Armutszeugnis, dass es jetzt im Jahr 2020 noch immer kein zeitliches Ziel für vollständige Barrierefreiheit bei der Bahn gibt. Die Bundesregierung hat den Ländern und Kommunen schon vor Jahren vorgeschrieben, bis wann sie Bus- und Straßenbahnhaltestellen barrierefrei umgebaut haben müssen. Doch dort, wo sie selber Verantwortung trägt, setzt sie sich noch nicht einmal ein Ziel.“, sagt der Bahnpolitischer Sprecher Matthias Gastel der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. (wir berichteten)
Rund 5700 Bahnhöfe betreibt die DB und seine Ableger in Deutschland. „78 Prozent aller Bahnhöfe sind stufenfrei erreichbar. Für blinde und sehbehinderte Menschen sind über 5.300 der 9.234 Bahnsteige mit einem taktilen Leitsystem aus Bodenindikatoren ausgestattet, schreibt das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur.
Die Bahn baut pro Jahr nach eigenen Angaben durchschnittlich 100 weitere Stationen barrierefrei um.
Aus dem Schreiben wird ersichtlich das blinde und sehbehinderte Menschen bezüglich der Barrierefreiheit an Deutschen Bahnhöfen leiden. So fehlen bei mehr als 3900 bzw. 43 Prozent der 9.234 Bahnsteigen ein Leitsystem für sehbehinderte.
Die DB AG schätzt den Umfang der Höhe der Investitionen der Um- und Ausbaukosten von barrierefreien Bahnhöfen und Bahnanlagen in den vergangenen zehn Jahren auf durchschnittlich 150 Millionen Euro pro Jahr. So wurden Ca. 90 Prozent davon durch Förderprogramme und andere Zuwendungen finanziert.
„Für die Herstellung von Barrierefreiheit erhebliche Bundesmittel zur Verfügung gestellt, heißt es in dem Schreiben.“
In den letzten Zehn Jahren hat sich der Anteil barrierefreier und weitgehend barrierefreier Züge an der Gesamtflotte fast verdoppelt. Nach Auskunft der Deutschen Bahn AG verfügen bei der DB Regio AG über 90 Prozent der Triebfahrzeuge über fahrzeuggebundene Ein- und Ausstiegshilfen. So liegt bei den lokbespannten Zügen der Anteil bei etwa 80 Prozent.
Nach den Angaben der DB AG sind alle Zugbegleiter, die auf den Zügen mit einem fahrzeuggebundenen Hublift arbeiten, in die Bedienung des Hublifts eingewiesen und können diesen bedienen. Mitarbeiter der Boardgastronomie sind aufgrund ihrer Aufgabenverteilung nicht eingewiesen. An den Bahnhöfen sind 900 Hublifte im Einsatz.
Für den Ein – und Ausstieg von Gästen, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind, verfügen die ICE3- Züge der Baureihe 407, sowie die ICE4-Züge über einen im Fahrzeug befindlichen Hublift, laut dem Schreiben.
Die Anzahl der barrierefreien Toiletten an den Bahnhöfen hat sich laut dem Bundesverkehrsministerium in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt. So sein in der Regel die Behindertentoiletten in den Toilettenanlagen integriert und haben ganzjährig geöffnet. Eine Auswertung zur Verfügbarkeit der Behindertentoiletten der DB AG liegt nicht vor.
Dabei ist die Entwicklung innerhalb der Fernzüge schlechter, so sei die Verfügbarkeit der Toiletten bezogen auf die Einsatzdauer der Fahrzeuge 2019 bei rund 97,7 Prozent.
Zur Erhöhung des steuerlichen Pauschbetrages für Menschen mit Behinderungen erklären Lisa Paus, Sprecherin für Finanzpolitik "Bündnis 90/ Die Grünen", und Corinna Rüffer, Sprecherin für Behindertenpolitik vom "Bündnis 90/ Die Grünen": „Wir begrüßen, dass die Bundesregierung den steuerlichen Pauschbetrag für Menschen mit Behinderungen endlich erhöht. Das war längst überfällig. Der Pauschbetrag wurde zuletzt 1975 angepasst. Seit Jahren fordern wir, dass behinderte Menschen steuerlich entlastet werden. Gerechter wäre es jedoch, die Steuerpauschbeträge und weitere finanzielle Nachteilsausgleiche in ein Teilhabegeld zu überführen. Auf diese Weise erhalten Betroffene ohne Anrechnung von Einkommen und Vermögen Unterstützung. Unser Vorschlag würde alle Menschen mit Behinderungen entlasten und ist bürokratieärmer.“
Autor: dm / © EU-Schwerbehinderung