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Unter dem Titel "Die Situation von Menschen mit geistiger Behinderung in Zeiten der COVID-19-Pandemie aus Sicht der Betroffenen, ihrer Angehörigen und Betreuungskräfte" hat das Villingen Institute of Public Health (VIPH) eine qualitative Studie veröffentlicht. Autorin der Studie ist Dr. med. Lotte Habermann-Horstmeier, MPH, Leiterin des VIPH.
Für die Menschen mit geistiger Behinderung in Deutschland haben die Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie zu einschneidenden Veränderungen geführt,die auch ihr Wohlbefinden und ihre Gesundheit beeinflussen. Ziel der Studie war es, möglichst viele Aspekte dieser Veränderungen sichtbar zu machen. Hierzu wurden von April bis Juli 2020 im Rahmen einer qualitativen Studie mündliche bzw. schriftliche Interviews mit 20 Personen durchgeführt und inhaltsanalytisch ausgewertet. Zur Stichprobe gehörten neben erwachsenen Menschen mit geistiger Behinderung auch Angehörige, Betreuungs-und Leitungskräfte aus Behinderteneinrichtungen sowie sozialpädagogische und psychologische Fachkräfte.
Neben den neuen Pandemie-Regeln wurden vor allem das Fehlen wichtiger sozialer Kontakte (trotz neuer Kommunikationsmöglichkeiten) und die Änderungen im Tagesablauf (Wegfall der Arbeit bzw. geänderte Arbeitssituation, Aufbau einer neuen Tagesstruktur) thematisiert. Die Studienteilnehmer/-innen ohne Behinderung äußerten sich deutlich intensiver zur Bedrohlichkeit der Situation, während die befragten Menschen mit geistiger Behinderung mehr über ihr aktuelles Befinden und die inzwischen eingetretenen Verbesserungen sprachen.
Als positiver Aspekt wurde von allen Gruppen die Entschleunigung des Lebens zu Beginn der Pandemie angesprochen, die in die ‘Nach-Corona-Zeit’ mit hinübergenommen werden sollte. Allerdings gab es Hinweise darauf, dass die Situation für Menschen in Wohneinrichtungen zu Beginn der Pandemie oftmals besser war als für Menschen in ambulanter Betreuung.
Die Studienergebnisse machten zudem deutlich, dass die ‘Vor-Corona-Bedingungen’ für einen Teil der Menschen mit geistiger Behinderung nicht optimal waren. Diese Erkenntnisse können nun zu Ansatzpunkten für neue, gesundheitsfördernde Strukturen werden, die die Heterogenität und Individualität der Menschen mit geistiger Behinderung stärker berücksichtigen.