Barrierefreiheit am Flughafen erfordert Nachbesserungsbedarf – Qualität lässt zu wünschen übrig
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Es ist die UN-Behindertenrechtskonvention, die eigentlich mittlerweile überall Menschen mit Behinderungen in die Gesellschaft uneingeschränkt inkludieren soll, denn Teilhabe ist ein Grundrecht. So wäre zu erwarten gewesen, dass dieser Grundsatz auch für neu erbaute Flughäfen gelten sollte. Tut dieser auch, doch die Antworten der Bundesregierung auf eine Anfrage der FDP zeigen deutlich, wie da der Interpretationsspielraum seitens der Regierung zu verstehen ist.
Wen die Bundesregierung darstellt: „Nach Auskunft der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH (FBB) ist der Flughafen Berlin Brandenburg Willy Brandt (BER) nach dem „Konzept zum barrierefreien Bauen" ausgestaltet.
Das „Konzept zum barrierefreien Bauen" wurde nach Auskunft der FBB durch eine Arbeitsgruppe von Behindertenbeauftragten und unterschiedlichen Behindertenverbänden erstellt. Das „Konzept zum barrierefreien Bauen" ist Bestandteil der bauordnungsrechtlichen Genehmigung und umfasst neben Rollstuhlfahrern auch weitere mobilitätseingeschränkte, blinde oder gehörlose Menschen.
Nach diesem Konzept ist der Informationsschalter auf Ebene EI nach Auskunft der FBB unterfahrbar gestaltet. Mobilitätseingeschränkte Fluggäste erhalten dort die benötigte Unterstützung (sogenannter Mobility Service); Check-In Schalter mit abgesenktem Tresen sind daher nicht vorgesehen.“ - Zeigt das deutlich, dass man hier wieder einmal mit Minimallösungen arbeitet, anstatt einfach alle Check-In Schalter barrierefrei zu gestallten.
Immerhin: Im Terminal 1 des BER soll es nach Auskunft der Verwaltung, zwei Informationsschalter mit abgesenkten Tresen für Rollstuhlfahrer geben. Diese zwei zentralen Informationsschalter sollen neben den abgesenkten und unterfahrbaren Tresentischen, jeweils über eine Induktionsschleife für hörgeschädigte Passagiere verfügen.
Zumindest sollen die Aufzugsanlagen den gesetzlichen Anforderungen zur Unterstützung mobilitätseingeschränkter Personen, entsprechen. Die im Terminal 1 61 WC-Anlagengruppen sollen mit separierten Behinderten-WC ausgestattet sein. Alle WC-Anlagengruppen sind barrierefrei. Die Behinderten-WC sind mit elektrisch höhenverstellbaren Liegen ausgestattet. Die Klosett und Waschbecken sind behindertengerecht abgesenkt, aber nicht höhenverstellbar gestaltet.
Allerdings sind weite Wege angesagt, denn rollstuhlgerechte Außenaufzüge reduzieren sich auf einen am Terminal 1 und somit ist das Terminal 2 nur über einen Übergang vom Terminal 1 erreichbar.
Die Fluggesellschaften müssen keine Auflagen der FBB in Bezug auf Barrierefreiheit erfüllen. Diese werden für Flughafenbetreiber und Luftverkehrsgesellschaften zentral von der EU vorgegeben.
„Nach Auskunft der FBB (Flughafen-Berlin-Brandenburg) hat im Rahmen des BER-Planungsprozesses eine Arbeitsgruppe aus verschiedenen Behindertenverbänden sowie den Behindertenbeauftragten der Länder Berlin und Brandenburg über umfassende Barrierefreiheitsaspekte nach den europäischen Vorgaben entschieden. Unter anderem fielen darunter das Blindenleitsystem, ein dritter Handlauf, abgesenkte Sitzplätze für kleinwüchsige Menschen, Rufsäulen auf den Vorfahrten zum einfachen Rufen des Mobility Services, ein signalwirksames Leitsystem mit hohem Kontrastwert, höhenverstellbare Toiletten auf den Behinderten-WC und unterfahrbare Informationsschalter mit ausgestatteter Induktionsschleife. Der BER weist eine gute Infrastruktur aus, um Personen mit Behinderungen oder mit eingeschränkter Mobilität zum und vom Flughafen zu befördern. Neben behindertengerechten Stellplätzen in den Parkhäusern auf dem BER-Gelände ist der Bahnhof für eine komfortable An- und Abreise geeignet. Der Flughafen BER ist so konzipiert worden, dass sich mobilitätseingeschränkte Passagiere selbstständig auf dem Flughafengelände bewegen können.“, das zumindest teilt die Bundesregierung mit.
Der teilhabepolitische Sprecher der FDP-Fraktion Jens Beeck kommentiert: "Beim BER hätten die Verantwortlichen von Bund und den Ländern Berlin und Brandenburg 14 Jahre lang die Chance gehabt, den Flughafen zum weltweiten Vorbild für barrierefreies Reisen zu machen. Die lieblose Antwort der Bundesregierung zeigt für mich jedoch, dass leider einmal mehr nur das Minimum der Anforderungen erfüllt wird. Das ist schade. Denn Barrierefreie Mobilität ist der Schlüssel zu gesellschaftlicher Teilhabe und zu einem selbstbestimmten Leben. Es ist in meinen Augen daher unabdingbar, dass sie insbesondere bei öffentlichen Neubauten und in der Verkehrsinfrastruktur umfassend mitgedacht und berücksichtigt wird."
Autor: kro / © EU-Schwerbehinderung