Recht auf Teilhabe von Menschen mit Behinderung muss verwirklicht werden
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Am morgigen Tage ist der "Europäischen Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung", der von vielen Aktionen begleitet wird und zum 29. Mal, seit der Gründung im Jahr 1992, statt findet. Auch in Deutschland werden dazu viele Aktionen geplant sein, die nicht nur online statt finden.
Das so ein Protesttag überhaupt noch notwendig ist, verdeutlich wie viele Themen rund um Inklusion, Teilhabe und Barrierefreiheit, nicht gelöst wurden. Dabei sollte gerade Deutschland als internationaler Vorreiter der Inklusion und Teilhabe, dienen. Zwar hat Deutschland ein "Bundesteilhabegesetz" und ist im Gesetzgebungsverfahren um Themen wie Barrierefreiheit und Teilhabe zu verbessern, aber wirklich "rund" läuft es auch da nicht, denn viele Kritikpunkte bleiben.
Ein Protesttag hilft mit Sicherheit, auf Defizite aufmerksam zu machen. Doch passiert am Ende immer noch zu wenig. Als Deutschland die UN-Behindertenrechtskonvention ratifizierte, gab es viel Hoffnung für Menschen mit Behinderungen, dass die Welt inklusiver wird. Wurde sie auch an manchen Stellen. Doch die Grenzen erleben viele Menschen mit Behinderungen im Alltag. Selbst "neue Flughäfen", wie der Flughafen "Berlin Brandeburg" (BER) weisen immer noch Mängel auf und die Entschuldigung, die Pläne zum BER seien bereits von 2008, zeigt eigentlich nur wie unflexibel Inklusion vorangetrieben wird.
Menschen in Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) freuen sich darauf, dass sie eine Beschäftigung haben. Doch der eigentliche Zweck einer WfbM, die Menschen mit Behinderungen in den ersten Arbeitsmarkt zu bringen, scheint verfehlt, wenn man bedenkt, dass viele aus der Beschäftigung einer WfbM nie heraus kommen und dort für eine Bezahlung unterhalb des Mindestlohn beschäftigt werden.
Der Begriff der Teilhabe wird leider oft falsch betrachtet, denn Teilhabe heißt eben nicht nur, dass sich jemand in der Arbeitswelt, trotz Behinderung, gut integrieren lässt, sondern sollte auch für jene Menschen gelten, die sich krankheits- oder behinderungsbedingt, nicht mehr in die Arbeitswelt integrieren lassen. Menschen die wegen ihrer Behinderung teils oder voll erwerbsunfähig sind. Diese Menschen besitzen das gleiche Recht auf Teilhabe und Inklusion, wie erwerbsfähige Menschen mit Behinderungen. Zumindest wenn man sich an die UN-Behindertenrechtskonvention hält, die übrigens mit der Ratifizierung, über den Artikel 25 GG dem eines Bundesrechts gleichzustellen ist.
Auch außerhalb der Arbeitswelt stoßen menschen mit Behinderungen immer wieder auf Barrieren. Selbst der einfache Zugang zum Bankautomat wird kompliziert, wenn die Zugänge nicht barrierefrei sind, die Automatiktür zum Automaten sich nicht öffnet oder der Automat eine für Rollstuhlfahrer nicht erreichbare Höhe besitzt. Grundlegende Dinge, wie der Personennahverkehr oder der Fernverkehr, werden zwar immer barrierefreier, haben aber am Ende noch viel Barrieren, angefangen bei barrierefreien Zugängen.
Dazu kommt, dass viele Menschen mit Behinderungen, gerade wegen ihrer Behinderung, auf Grundsicherung angewiesen sind und somit durch finanzielle Einschränkungen die Teilhabe verwehrt bleibt. Ein Bericht aus dem Jahr 2018, in dem Deutschland in starker Kritik steht (UN-Sozialpakt) hat schon damals die zu geringe Grundsicherung bemängelt. Getan hat sich seit dem nicht viel und Deutschland ist mit seiner Grundsicherung immer noch weit entfernt von einer Grundsicherung, die auch wirklich alle Bedürfnisse für Teilhabe an der Gesellschaft abdeckt.
Diskriminierung fängt in Deutschland schon mit dem Schwerbehindertenausweis an. Trotz "Notwendigkeit der Begleitung" gibt es Menschen denen nur eine Behinderung von 30% zugesprochen wird. Mit 30% erhält man in Deutschland allerdings keinen Schwerbehindertenausweis. Die Folge: Die mit dem Schwerbehindertenausweis verbundenen Ausgleiche, stehen diesen Menschen, trotz Behinderung, nicht zu.
Zum Europäischen Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung erklärt der teilhabepolitische Sprecher der FDP-Fraktion Jens Beeck: „Gesellschaftliche Teilhabe ist für viele Menschen mit Behinderung auch im Jahr 2021 immer noch keine Normalität. Noch dazu waren und sind die Corona-bedingten Einschränkungen eine harte Belastung. Doch anstatt echte Verbesserungen zu erreichen, hat die Bundesregierung in den letzten Jahren konsequenten Handlungsunwillen bei der Teilhabe an den Tag gelegt. Das ist absolut unverständlich und nicht hinnehmbar. Das Recht auf Teilhabe muss verwirklicht werden. Die FDP-Fraktion hat schon vor Monaten als erste Fraktion ein umfassendes Konzept zur Stärkung der gesellschaftlichen Teilhabe und Inklusion von Menschen mit Behinderungen eingebracht, das etwa barrierefreie Mobilität sowie den Zugang zum Arbeitsmarkt und zum Gesundheitswesen verbessern würde. Es ist bitter für die vielen Betroffenen, dass die Bundesregierung diese Initiative nicht aufgegriffen hat.“
Autor: kro / © EU-Schwerbehinderung