Schlechte Bildungschancen trotz Behindertenrechtskonvention– Inklusionsmangel und sozialer Stand oft ursächlich
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Die Bildungschancen, sind selbst in einem modernen Deutschland, von ganz vielen Faktoren abhängig. Dabei hängt der Bildungserfolg, nicht selten vom Elternhaus ab, wie aus der PISA-Studie (2018) hervor geht. Auch der soziale Stand einer Familie, kann massive Auswirkungen auf Bildungschancen haben. Ganz deutlich wurde das während der Corona-Krise. Homeschooling war eben nicht für jedes Kind möglich, denn es fehlte oft an technischer Ausstattung oder gar einem Internetanschluss bei Familien mit geringerem Einkommen.
Eine weitere Thematik sind die Teilhabechancen von Schülerinnen und Schülern mit Behinderungen. Eigentlich sieht die UN-Behindertenrechtskonvention vor, dass Bildung und Inklusion einher gehen und Kinder mit Behinderungen das Recht haben, an einer Regelschule unterrichtet zu werden. In einem optimalem Bildungssystem würde, das die Abschaffung der Förderschulen bedeuten. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sowie Lehrkräfte und Betreuungskräfte, würden ihre Tätigkeit in der Regelschule fortführen.
Die Realität sieht leider anders aus und in vielen Bundesländern geht der Weg eher von der Inklusions-Schule, zurück zur Förderschule. Da das Bildungssystem immer noch Ländersache ist, hat die Bundesregierung hier oft wenig Chancen, gesetzlich einzugreifen.
Ein Rechtsgutachten (540 kb) im Auftrag der Heinrich-Böll-Stiftung, geht auf die Thematik intensiv ein. Das Gutachten fordert dabei eine gemeinsame Strategie gegen Bildungsarmut und fordert die Bundesregierung zum handeln auf. „Insoweit wäre es sinnvoll, ein «Paket» zu schnüren, in dem sich Länder und Bund zu einer gemeinsamen Strategie gegen Bildungsarmut und zu bestimmten Zielwerten, insbesondere einer spürbaren Senkung der Zahl von jungen Menschen ohne Berufsabschluss oder mit (zu) geringen Kompetenzen, innerhalb eines absehbaren Zeitraums bekennen.“, heißt es in der Zusammenfassung des Gutachtens.
Weiterhin schlägt das Gutachten den Entwurf eines Bildungs- und Teilhabegesetzes (BuTG) vor und damit soll „die vom Bundesgesetzgeber beabsichtigte «materielle Basis» für Chancengleichheit für Kinder aus Familien mit geringem Einkommen gelegt werden.“
„Nach Art. 24 UN-Behindertenrechtskonvention sind die Vertragsstaaten verpflichtet, ein inklusives Bildungssystem «auf allen Ebenen» zu gewährleisten. Menschen mit Behinderungen haben das Recht darauf, dass ihnen «innerhalb des allgemeinen Bildungssystems die notwendige Unterstützung» zuteilwird, «um ihre erfolgreiche Bildung zu ermöglichen».“, heißt es im Gutachten.
Das Gutachten weist deutlich darauf hin, „dass die Bereitstellung entsprechender Assistenzen, Schulbegleitungen, therapeutischer Unterstützung und Hilfsmittel in der Regel nicht ausreichend systemisch im Schulsystem verankert ist, wie es die Behindertenrechtskonvention eigentlich fordert, sondern über Individualansprüche im Rahmen der sozialrechtlich geregelten Eingliederungshilfe erfolgt.“
Eigentlich unverständlich, dass es nach so vielen Jahren nicht gelungen ist, zumindest ein vollwertiges inklusives Bildungssystem zu schaffen. Gerade Kinder benötigen für eine inklusive Teilhabe an den Schulen, häufig eine Assistenz. Diese kostet Geld. Finanzieren können das Familien, deren eigenes Einkommen nicht ausreichend ist, diese häufig über das Jobcenter, oder Sozialamt, meist als persönliches Budget, was bei den zuständigen Ämtern zu beantragen ist. Doch selbst wenn die finanziellen Grundlagen bestehen, heißt das immer noch nicht, dass eine solche Assistenz zur Verfügung steht.
In einem konkreten Fall, musste die Mutter sogar das persönliche Budget erst gerichtlich erstreiten um überhaupt das Persönliche Budget für die Assistenz ihres behinderten Sohnes (GdB 80 – Merkzeichen B und H) Sohnes zu erhalten. Der Rechtstreit dauerte ½ Jahre und sollte am Ende der Mutter zum Verhängnis werden, denn noch vor dem Beschluss, des Gerichtes, dass ihr das Persönliche Budget zur Finanzierung der Assistenz gezahlt wurde, wurde das Jugendamt aktiv, entzog der Mutter das Sorgerecht wegen Kindeswohlgefährdung, da keine Beschulung stattgefunden hat. Berücksichtigt wurde hier offensichtlich nicht, dass die Beschulung nur mit Assistenz erfolgen kann. Da diese wegen der Frage der Finanzierung fehlte, wurde das Kind vom Schulunterricht ausgeschlossen. Eine Betreuungskraft seitens der Schule, wurde nicht bereitgestellt.
Die behindertenpolitische Sprecherin vom Bündnis 90, Corinna Rüffer, schreibt dazu in den sozialen Medien: „Gerechte Bildungschancen für Schüler*innen gibt es nur in einem inklusiven Bildungssystem. Das macht das Gutachten ganz deutlich. Zu Förderschulen heißt es darin: "Diese segregierten Bildungseinrichtungen können auch als institutionelle Hauptproduzenten von Bildungsarmut angesehen werden." Wir brauchen einen grundlegenden inklusiven Wandel im Bildungssystem.“
Autor: kk / © EU-Schwerbehinderung