Koalitionsausschuss - Das sind die Ergebnisse und die Kritik
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Als sich die Ampel-Koalition zu einer Sitzung traf, die nach 19 Stunden keine Ergebnisse brachte und dann gestern Abend mit nur wenig Inhalten ein Ergebnis präsentiert wurde, war klar, dass sich nicht nur in der Öffentlichkeit, sondern gerade aus der Opposition, Kritik verlautbart wurde.
Auf der gestrigen Pressekonferenz, die kurzfristig einberufen wurde, schien es so, als ob man die Grünen als Verlierer aus den Verhandlungen sehen wollte, was allerdings der Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Grüne), heute dementierte. Allerdings weist das Dokument, welches als Ergebnispapier zu betrachten ist und unserer Redaktion vorliegt, ein paar Dinge auf, die sich schon als Kompromiss interpretieren lassen. Eines der großen Änderungen ist die Überprüfung der Klimaziele, die jetzt sektorübergreifend erfolgen soll. Das bedeutet konkret, dass man die Sektoren wie Stromerzeugung, Industrie, Verkehr, Bauen und Wohnen sowie Landwirtschaft, jetzt als ganzes betrachten möchte.
Ein weiterer Punkt ist der CO²-Emissionshandel. "Ab voraussichtlich 2027 soll der europäische Emissionshandel II gelten, der eine CO2- Bepreisung auch für die Sektoren Wärme und Verkehr vorsieht", heißt es in dem Dokument. Das bedeutet im Prinzip, dass diese Bepreisung sich auch auf Heizkosten niederschlagen könnte. Ob und wie hoch, das ist nachher eine Frage der Berechnung, wie bspw. das Kilowatt Strom oder Gas mit einem CO² Preis bepreist wird.
Mit der geplanten Erhöhung der LKW-Maut, wird ein weiterer Kostenpunkt kommen, auch wenn das Geld in den Klimaschutz fließt, so heißt das auch, dass Transportkosten höher werden und es ist somit nicht auszuschließen, dass diese Erhöhungen am Ende Auf die Güter umgelegt werden, also die Endverbraucher am Ende diese erhöhten Kosten finanzieren werden. Die Höhe wird dabei sicherlich davon abhängig sein, welche Waren und Güter transportiert werden und ob am Ende diese Kosten dann im Promillebereich sich im Preis dann doch nicht bemerkbar machen.
Neben noch vielen anderen Themen, sind gerade für Verbraucherinnen und Verbraucher, das "Gebäudeenergiegesetz" von besonderer Bedeutung. Gab es hier Diskussionen um den Zwangsaustausch von Heizungsanlagen und der damit sozialen Unverträglichkeit. Bereits vor einem Jahr hatte der Koalitionsausschuss beschlossen, dass ab dem 1. Januar 2024 möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit Erneuerbaren Energien betrieben werden soll. Der Gesetzentwurf, so bestätigt das Dokument, wird gegenwärtig überarbeitet und soll noch vor der Sommerpause verabschiedet werden. "Es wird darauf geachtet, dass ein technologieoffener Ansatz verfolgt wird, und dass ausreichende Übergangszeiträume zur Verfügung stehen. Das Gesetz wird dabei pragmatisch ausgestaltet, unbillige Härten auch zum sozialen Ausgleich werden vermieden und sozialen Aspekten angemessen Rechnung getragen", heißt es dazu im Dokument. Das soll dann auch für Mieterinnen und Mieter gelten. Zur Vermeidung finanzieller Überlastungen, will man prüfen, "wie der ambitioniertere Austausch von Öl- und Gasheizungen aufgrund der Änderungen des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) gezielt und bürokratiearm aus dem Klima- und Transformationsfonds finanziell gefördert werden kann."
Das Dokument beschreibt auch, wie Klimaneutralität bei Autos erreicht werden soll. So gilt als Ziel, bis 2030, 15 Millionen vollelektrische Fahrzeuge haben zu wollen. Das Ganze ergänzt mit einem "Masterplan Ladeinfrastruktur". Interessant ist, wie das erreicht werden soll und so sollen die Verteilernetzbetreiber verpflichtet werden, ihre Netze vorausschauend auszubauen, damit diese 15 Millionen Fahrzeuge dann auch geladen werden können. Es bleibt abzuwarten, ob jetzt die Stromanbieter die Straßen aufreißen, um überhaupt erst einmal die notwendigen Kapazitäten in den Stromnetzen zu bekommen und wer das am Ende finanzieren darf, denn schon in der Energiekrise zeigte sich, dass das Elektroauto auch schnell mal ein teures Transportmittel werden kann, wenn die Strompreise zu hoch sind. Intelligentes Laden, wenn Stromüberkapazitäten vorhanden sind, hört sich zwar clever an, aber vielerorts ist die Stromleitung in der Straße, bereits ein Problem und würde zusammenbrechen, wenn plötzlich in einer Straße 30 Autos geladen werden. Zumindest will man "prüfen, wie zusätzliche Potenziale bei Zulassungs- und Netzanschlussverfahren für Ladesäulen gehoben (u.a. Eichrecht, digitale Antragsverfahren) und Netzanschlusskosten reduziert werden können."
Mit E-Fuels, gerade im Transportsektor (LKW), tritt ein weiteres Zauberwort bei der Energiewende auf. Synthetischer Kraftstoff vollständig aus erneuerbaren Energien, der allerdings momentan in der Produktion um ein Vielfaches teurer ist als herkömmlicher Kraftstoff. Für LKWs, Schiffen und bei Flugzeugen macht das vielleicht Sinn, aber ob sich die Autofahrer den dann teureren Kraftstoff leisten wollen, gerade wo die Tendenzen der Automobilindustrie in Richtung E-Mobilität gehen? Es ist vielleicht nicht verwunderlich, dass einige Kritiker vermuten, dass das Vorantreiben von E-Fuels durch die Vorlieben einiger politischen Amtsträger, forciert wird.
Kritik kommt aus der Opposition. Christiane Schenderlein, kulturpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion: „Wir fordern ein, dass das Gebäudeenergiegesetz auch die Notlage vieler Kultureinrichtungen berücksichtigt. Insbesondere im ländlichen Raum gibt es viele kleine Kulturhäuser und Vereine, die dringend eine Heizungsumstellung brauchen, aber diese nicht aus eigener Kraft stemmen können. Bereits beim Energiehilfefonds sind Kultureinrichtungen mit Ölheizungen durch das Raster der Hilfe gefallen. Die Mehrkosten sind eine dauerhafte Last. Wenn der Ampel der Erhalt unserer Kulturlandschaft wichtig ist, dann muss sie hier handeln. Die Kultur muss beim Thema Gebäudesanierung endlich in den Fokus der Debatte.“
Janine Wissler, Vorsitzende der Partei DIE LINKE: "Nach fast 50 Stunden Sitzung des Koalitionsausschusses derart dürftige Ergebnisse: Das ist kein ‚Gesamtkunstwerk‘, das ist Stückwerk, mit Aufweichung des Klimaschutzes. Zur versprochenen Kindergrundsicherung gibt es immer noch keine Einigung.
Wenn der Verkehrsminister die Sektorenziele beim Klimaschutz nicht einhält, muss man sich die Frage stellen, ob man den Minister austauscht. Die Ampel aber ändert lieber das Klimaschutzgesetz, schafft die Sektorziele in der jetzigen Form ab und legitimiert das Versagen des Ministers gesetzlich. Das Gesetz ist nun ein Geschenk an den Verkehrsminister und stellt eine Blockade der Mobilitätswende dar. Dass die Grünen sich an dieser Aufweichung des Klimaschutzes beteiligen, ist eine Bankrotterklärung. 144 neue Autobahnprojekte soll es geben, dass dort entlang dann zwingend Solaranlagen installiert werden sollen, klingt nach einem Treppenwitz.
Stattdessen hätte es endlich ein Tempolimit gebraucht, das es in fast allen anderen Ländern auch gibt und das mehrere Millionen CO₂ eingespart hätte. Damit könnte auch der Verkehrsbereich die Klimaziele erreichen. Aber dagegen sträubt sich die FDP. Wir erleben eine Zuspitzung in der Klimakrise und die Folgen des Klimawandels werden auch vor Ort immer deutlicher. Die Zeit zum Umsteuern läuft ab und die Ampel versagt beim Gegensteuern. Mehr Geld in die Schiene ist richtig, aber 25 % Anteil der Schiene am Güterverkehr ist völlig unambitioniert und die Erhöhung der LKW-Maut wird bei weitem nicht reichen, um die massiven Investitionen zu finanzieren.
Die Wärmewende sozial abzufedern, ist richtig, bleibt aber völlig vage und nebulös. Der Finanzminister freut sich, dass alle Beschlüsse keine Auswirkungen auf den Haushalt haben, doch gerade jetzt bräuchte man hohe Investitionen und Mittel, um Menschen zu entlasten und Klimaschutz sozial gerecht zu gestalten. Die Ampel hat Fortschritt versprochen. Die Ergebnisse des Koalitionsausschusses sind klimapolitisch ein Rückschritt. Wirksame Maßnahmen wie die Kindergrundsicherung, um die Zunahme der sozialen Spaltung im Land zu bekämpfen, schaffen es nicht mal auf die Tagesordnung."
Aus Bayern kommt von dem dortigen Minister wieder einmal Kritik. Bayerns Gesundheits- und Pflegeminister Klaus Holetschek: „Die Bilanz ist für alle Pflegebedürftigen und die Angehörigen enttäuschend. Die Koalitionsspitzen von SPD, Grünen und FDP haben rund 30 Stunden über Zukunftsthemen verhandelt, aber nichts für die Generationen-Herausforderung Pflege zustande gebracht. Ich warne ausdrücklich: Wenn die Bundesregierung das Großthema Pflege nicht rasch mit einer wegweisenden Reform und einer soliden Finanzierung angeht, bekommen wir in wenigen Jahren einen echten Generationenkonflikt.“ Der Minister fügte mit Blick auf die zahlreichen unausgereiften Gesetzesvorhaben und Reformansätze vom Bundesgesundheitsminister hinzu: „Lauterbach wirkt immer mehr wie ein zahnloser Papiertiger. Er verzettelt sich in unausgereiften Ankündigungen für wichtige Gesetze und Reformen und lässt sich dabei offenbar zunehmend vom Bundesfinanzminister hineinregieren. Das sagt viel aus über die inneren Zustände der Ampel-Koalition. Ich finde das höchst bedenklich.“ Holetschek verwies darauf, dass Lauterbach Berichten zufolge bis Ende Mai zur Finanzierung der Pflegereform dem Finanzminister, dem Wirtschaftsminister, dem Sozialminister und der Familienministerin einen Kompromiss abringen muss. Holetschek kritisierte: „Das wirkt wie eine Bankrotterklärung des Bundesgesundheitsministers. Lauterbach sollte sich nicht das Heft des Handelns aus der Hand nehmen lassen. Gesundheits- und Pflegepolitik dürfen nicht nach Kassenlage gestaltet werden.“ Der bayerische Gesundheitsminister bekräftigte: „Lauterbach fordert doch selbst immer wieder, wir bräuchten weniger Ökonomie und mehr Mensch im Gesundheitswesen. Dann sollte er bitte auch mit breiter Brust eine Gesundheits- und Pflegepolitik im Sinne der Patientinnen und Patienten gegenüber seinen Kabinettskollegen durchsetzen!“
Autor: kk / © EU-Schwerbehinderung
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