Selbstbestimmungsgesetz: Bundestag beschließt Erleichterungen bei Geschlechtseinträgen
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Am Freitag, dem 12. April 2024, stimmte der Bundestag abschließend den Erleichterungen zur Änderung von Geschlechtseinträgen zu. In einer Namentlichen Abstimmung Stimmten von 636 Abgeordneten, 374 mit Ja, mit 251 Nein und es gab 11 Enthaltungen. Die Bundesregierung hat dazu einen Gesetzentwurf über die Selbstbestimmung bezüglich des Geschlechtseintrags und zur Änderung weiterer Vorschriften (20/9049) eingebracht.
Entwurf der Bundesregierung
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung (20/9049) sieht vor, dass Geschlechtseinträge und Vornamen künftig durch eine Erklärung gegenüber dem Standesamt geändert werden können, ohne dass eine ärztliche Bescheinigung erforderlich ist. Diese Neuregelung soll auch für nichtbinäre Personen gelten, die sich keiner Geschlechtsidentität zuordnen. Das bisher geltende Transsexuellengesetz soll aufgehoben werden.
Eine Voraussetzung für die Änderung ist, dass sie drei Monate zuvor beim zuständigen Standesamt angemeldet wird. Für Personen unter 15 Jahren kann die Erklärung nur vom gesetzlichen Vertreter abgegeben werden, während Personen über 14 Jahren mit Zustimmung des gesetzlichen Vertreters die Erklärung selbst abgeben können. Wenn der gesetzliche Vertreter nicht zustimmt, kann das Familiengericht die Zustimmung ersetzen, wenn die Änderung dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.
Regelungen zur Wirkung der Änderungen
Der Entwurf enthält auch Regelungen zur Wirkung der Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen. Demnach sind grundsätzlich der aktuelle Geschlechtseintrag und die aktuellen Vornamen im Rechtsverkehr maßgeblich. Es wird jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass "die Vertragsfreiheit und das Hausrecht des jeweiligen Eigentümers oder Besitzers sowie das Recht juristischer Personen, ihre Angelegenheiten durch Satzung zu regeln, unberührt bleiben", insbesondere in Bezug auf den Zugang zu Einrichtungen und Räumen sowie die Teilnahme an Veranstaltungen, wie zum Beispiel der Zugang zu Saunas.
Des Weiteren werden die Folgen der Änderung eines Geschlechtseintrags für quotierte Gremien normiert. Es wird auch angeführt, dass Rechtsvorschriften, die beispielsweise künstliche Befruchtung, Schwangerschaft oder Entnahme von Samenzellen betreffen, unabhängig vom im Personenstandsregister eingetragenen Geschlecht gelten sollen, wenn die Person gebärfähig ist. Weitere Regelungen betreffen unter anderem die Änderung von Registern und Dokumenten, das Offenbarungsverbot, das Eltern-Kind-Verhältnis sowie die Wehrpflicht im Spannungs- und Verteidigungsfall.
Dazu erklären die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Dorothee Bär, und die zuständige Berichterstatterin Mareike Lotte Wulf:
Dorothee Bär: "Die Ampel handelt verantwortungslos und bar jeder Vernunft. Das Gesetz richtet so mehr Schaden an als Nutzen. Die Anpassungen, die die Ampel nach dem Aufschrei von besorgten Eltern und der Fachwelt nun als Beitrag zum Minderjährigenschutz verkauft, sind keine Verbesserung. Wenn ein 14-Jähriger nur per Selbstauskunft versichern soll, dass er zu seinem Geschlechtswechsel von wem auch immer beraten wurde, ist das lächerlich. Wenn ein 5-jähriges Kind einverstanden sein soll, wenn seine Eltern seinen Geschlechtswechsel beantragen, ist das absurd. Eine nachweislose Alibiberatung ist kein Schutz für Jugendliche! Das Gesetz ist gerade für diese vulnerable Gruppe gefährlich. Viele Jugendliche fühlen sich in der Pubertät in ihrem Körper unsicher, söhnen sich dann aber in den allermeisten Fällen mit ihrem Geburtsgeschlecht aus. Deshalb bestehen wir auf einer Begutachtungspflicht bei Kindern und Jugendlichen. Nicht aus Bevormundung, sondern aus Fürsorge. Nach wie vor soll außerdem Eltern, die nicht einverstanden sind, der Entzug des Sorgerechts drohen. Das ist ein gemeiner Keil, den die Ampel gerade bei diesem sensiblen Thema zwischen Eltern und ihre Kinder treibt."
Mareike Lotte Wulf: "Das Selbstbestimmungsgesetz bleibt in seiner Grundanlage falsch. Die Regierungsfraktionen haben allenfalls kosmetische Änderungen vorgenommen. Völlig voraussetzungslos kann zukünftig jeder und jede das gewünschte Geschlecht beim Standesamt eintragen lassen. Diese Entkoppelung des rechtlichen vom biologischen Geschlecht sorgt nicht nur für Kopfschütteln bei vielen Menschen in unserem Land. Sie führt zu Rechtsunsicherheit - etwa, wenn es um den Zugang zu Frauenschutzräumen oder gleichstellungspolitische Maßnahmen wie Frauenquoten geht. Zudem wurde das ohnehin bereits sehr weitgehende Offenbarungsverbot noch einmal verschärft. Darüber hinaus wurde die Frage, wie ein möglicher Missbrauch des Gesetzes verhindert werden kann, nicht beantwortet. So steht die Frage nach wie vor im Raum, wie eine Identitätsverschleierung ausgeschlossen werden kann. Das zeigt, worum es der Ampel in den abschließenden Verhandlungen eigentlich ging: um ein notdürftiges Übertünchen der Streitigkeiten innerhalb der Koalition. Das ist keine ausgewogene und verantwortungsvolle Lösung. Für die Ampel gilt offenbar: kurzzeitiger Burgfrieden vor Rechtssicherheit und Jugendschutz."