Neue EU-Produkthaftungsrichtlinie: Besserer Schutz für Patienten
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Der AOK-Bundesverband lobt die neue Produkthaftungsrichtlinie der Europäischen Union, die der EU-Rat am 10. Oktober 2024 gebilligt hat. "Die neue Richtlinie stärkt die Patientenrechte im digitalen Zeitalter und ist ein echter Fortschritt für den gesundheitlichen Verbraucherschutz in Europa", sagt Dr. Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes. Die neue Richtlinie ist nun innerhalb von 24 Monaten nach Inkrafttreten in nationales Recht umzusetzen. Dazu müssen das nationale Produkthaftungsgesetz und das Arzneimittelgesetz geändert werden.
Ziele der neuen Produkthaftungsrichtlinie sind die erforderliche Anpassung an technologische Veränderungen sowie die Verbesserung und Harmonisierung des Verbraucherschutzes in der Europäischen Union. Mit der Richtlinie wird das Recht auf Schadensersatz infolge fehlerhafter Produkte auf digitale Produkte, Software oder KI-Systeme ausgedehnt. Zudem wird der Kreis der Haftenden im Vergleich zur alten Richtlinie erweitert. Damit werden haftungsrechtliche Adressatenlücken geschlossen und Probleme globalisierter Lieferketten angegangen. So greift die neue Richtlinie beispielsweise auch, wenn Medizinprodukte aus einem Nicht-EU-Staat ohne Importeur oder über Onlineplattformen bezogen werden.
Positive Veränderungen gibt es auch bei der Beweispflicht. "Gut ist, dass jetzt erhebliche Beweiserleichterungen für Verbraucher vorgesehen sind", betont AOK-Vorständin Carola Reimann. Nach der neuen Richtlinie müsse der Kläger zwar auch weiterhin den Produktfehler, den Schaden und den Ursachenzusammenhang zwischen beiden beweisen. "Die neue Richtlinie etabliert nun aber längst überfällige Beweiserleichterungen für die Verbraucher. Wer Schadensersatz-Ansprüche geltend machen möchte, sollte damit zukünftig deutlich bessere Aussichten auf Erfolg haben", so Reimann.
Gestärkt wird zudem der Auskunftsanspruch von Geschädigten. Dazu wird eine Offenlegungspflicht des Beklagten eingeführt. Demnach sollen Gerichte auf Antrag von Klägern, die Tatsachen darlegen und gegebenenfalls beweisen und damit einen potentiellen Schadensersatz-Anspruch plausibel stützen, gegenüber dem Beklagten anordnen können, in seinem Besitz befindliche Beweismittel offenzulegen. "Das geht über die in Deutschland bislang geltenden Möglichkeiten hinaus", so Reimann. Allerdings sieht die Richtlinie umgekehrt auch eine entsprechende Offenlegungspflicht des Klägers vor, falls der Beklagte dies beantragt.
Produkthaftungsansprüche erlöschen nach der neuen Richtlinie weiterhin nach zehn Jahren. Diese Frist wird aber auf 25 Jahre erweitert, sofern sich eine Gesundheitsschädigung durch das Produkt erst latent entwickelt. Zudem entfällt die aktuelle Haftungsbegrenzung, wonach Mitgliedstaaten die Gesamthaftung der Hersteller für Schäden infolge von Tod und Körperverletzung auf 70 Millionen Euro begrenzen konnten. Auch der Selbstbehalt für Geschädigte von 500 Euro entfällt.
Eine Änderung, die die deutschen Krankenkassen angestrebt hatten, konnte allerdings nicht durchgesetzt werden: Weiterhin sind nur Privatpersonen anspruchsberechtigt; juristische Personen sind nicht in den Kreis der möglichen Anspruchsberechtigten aufgenommen worden. Bei einer entsprechenden Erweiterung hätten die gesetzlichen Krankenkassen selbst als Geschädigte klagen können. Nun bleibt es bei der bisherigen Möglichkeit der gesetzlichen Übertragung von Schadensersatzansprüchen geschädigter Privatpersonen auf die Versicherungsträger.