Bundestag debattiert anlässlich des 35. Jahrestags des Mauerfalls
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Das Parlament hat sich heute am Freitag, den 8. November 2024, mit dem 35. Jahrestag des Mauerfalls befasst. Im Mittelpunkt der Beratungen stand ein von den Koalitionsfraktionen eingebrachtes Antrag mit dem Titel „Der Epochenwechsel in Europa 1989/90 – 35 Jahre Mauerfall. Friedliche Revolution und Deutsche Einheit“. Über den Antrag wurde direkt abgestimmt. Die SPD, die Grünen und die FDP stimmten für den Antrag, während CDU/CSU, AfD und die Gruppen Die Linke und BSW ihn ablehnten.
Zusätzlich debattierte das Parlament über einen weiteren Antrag, den die Unionsfraktion eingebracht hatte. Dieser trug den Titel „35 Jahre Mauerfall – 35 Jahre Freiheit in ganz Deutschland – Verantwortung und Auftrag“. Hier stimmte die Union dafür, während alle anderen Fraktionen den Antrag ablehnten.
Antrag der Koalitionsfraktionen
Der Antrag der Koalitionsfraktionen (20/13628) hebt hervor, dass Deutschland bislang keine gemeinsame Erzählung zu den historischen Ereignissen der Friedlichen Revolution und der Deutschen Einheit entwickelt hat. Zu oft wird die Friedliche Revolution lediglich als Vorgeschichte zur Wiedervereinigung gesehen, die hauptsächlich dem entschlossenen Handeln des damaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl (CDU) zugeschrieben wird.
Diese Sichtweise vernachlässige jedoch den aktiven Beitrag der Ostdeutschen, die als treibende Kraft hinter diesen Ereignissen standen und sich nicht nur als passive Empfänger der Entwicklungen wiederfinden sollten. Es sei wesentlich für das Selbstverständnis der ehemaligen DDR-Bürger, zu betonen, dass Friedliche Revolution und Deutsche Einheit keine schicksalhaften Ereignisse waren, die einfach „über sie kamen“, sondern dass sie als handelnde Subjekte diesen entscheidenden Prozess für Deutschland und Europa mitgestalteten.
Die derzeitige Gedenkkultur stellt häufig den Mauerfall am 9. November 1989 als den Moment dar, der die Deutsche Einheit bereits auf die politische Tagesordnung und in greifbare Nähe brachte. Dabei werde jedoch die „verhandelte Einheit“, in der auch die Ostdeutschen eine zentrale Rolle spielten, kaum gewürdigt. Daher betonen die Koalitionsfraktionen, dass es erforderlich sei, die Einheit als einen Prozess zu begreifen, in dem Ostdeutsche als selbstbestimmte Akteure und Mitgestaltende wahrgenommen werden.
Die Deutsche Einheit wird im Antrag als „Glücksstunde der Deutschen im 20. Jahrhundert“ bezeichnet, zu der die Ostdeutschen maßgeblich beigetragen haben. Eine stärkere Würdigung dieser Rolle in der Erinnerungskultur ist von großer Bedeutung für das Selbstbewusstsein der ostdeutschen Bevölkerung.
Der Antrag fordert die Bundesregierung daher auf, die Erinnerungskultur zur Geschichte der Sowjetischen Besatzungszone und der DDR von 1945 bis 1990 gezielt zu fördern, insbesondere mit einem Fokus auf die gemeinsame deutsche Demokratiegeschichte. Vorgesehen ist auch die Einrichtung des „Forums Opposition und Widerstand 1949–1990“ sowie die aktive Unterstützung des Zukunftszentrums für Deutsche Einheit und Europäische Transformation.
Zudem soll die Forschung zur DDR-Geschichte und zum SED-Unrecht gestärkt und die Integration des Stasi-Unterlagen-Archivs in das Bundesarchiv weiter vorangetrieben werden, einschließlich einer verbesserten finanziellen und baulichen Ausstattung der Außenstandorte des Bundesarchivs.