Wohnungsgipfel: Bundesregierung legt Maßnahmenpaket vor
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Am heutigen Montag kamen die Mitglieder des Bündnisses bezahlbarer Wohnraum zum zweiten Mal im Bundeskanzleramt zum „Bündnis-Tag“ zusammen. Ziel war es, eine Bilanz der bisherigen Arbeit im Bündnis zu ziehen und die aktuellen Herausforderungen im bezahlbaren und klimagerechten Wohnungsbau zu besprechen. Auf Basis der bisherigen Diskussionen des Bündnisses hat die Bundesregierung zudem ein Maßnahmenpaket für zusätzliche Investitionen in den Wohnungsbau sowie zur wirtschaftlichen Stabilisierung der Bau- und Immobilienbranche beschlossen.
Klara Geywitz, Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen: „Mit dem heute vorgestellten Maßnahmenpaket wird es uns gelingen, mehr Investitionen in den Wohnungsbau zu erreichen und damit die Bau- und Immobilienbranche zu stabilisieren und zu stärken. Wir werden die Rahmenbedingungen verbessern, um mehr bezahlbaren, klimaneutralen und barrierearmen Wohnraum zur Verfügung zu stellen.
Bei der Wohneigentumsförderung für Familien erhöhen wir die Einkommensgrenze einer Familie mit einem Kind deutlich von 60.000 auf 90.000 Euro. Je weiterem Kind können 10.000 Euro hinzuverdient werden. In den kommenden beiden Jahren wird der Bund zudem ein Wohneigentumsprogramm „Jung kauft Alt“ für den Erwerb von sanierungsbedürftigen Bestandsgebäuden auflegen. Gleichzeitig soll der Umbau von leerstehenden Büros und Läden zu neuen Wohnungen in den kommenden beiden Jahren mit 480 Mio. Euro unterstützt werden. Die Mittel hierfür sollen aus dem Klima- und Transformationsfonds kommen.
Die Bereitstellung von dauerhaft bezahlbarem Wohnraum wollen wir durch die Einführung einer Neuen Wohngemeinnützigkeit ab kommenden Jahr befördern. Wir werden außerdem das Baugesetzbuch anpassen und durch eine Sonderreglung Städten und Kommunen mit angespannten Wohnungsmärkten bis Ende 2026 ermöglichen, den Bau von bezahlbarem Wohnraum vereinfachter und beschleunigter zu planen. Dies sind nur einige der insgesamt 14 Maßnahmen, die wir zur Konjunkturbelebung der Bau- und Immobilienbranche gemeinsam innerhalb der Bundesregierung vereinbaren konnten.
Von den Maßnahmen, die das Bündnis im vergangenen Jahr gemeinsam beschlossen hat, konnte die Mehrzahl bereits innerhalb eines Jahres umgesetzt oder weitreichend bearbeitet werden. Die Schwerpunkte lagen dabei auf der Beförderung von Investitionen, der Beschleunigung von Verfahren und der Begrenzung von Baukosten. Die sehr gute Zusammenarbeit werden wir auch in Zukunft gemeinsam fortsetzen. Vor uns liegt weiterhin jede Menge Arbeit. Da wir dafür alle Akteure des Wohnungsmarktes an einem Tisch brauchen, ist das Bündnis wichtiger denn je.“
„Der ‚Baugipfel‘ ist eine einzige Enttäuschung für Mieterinnen und Mieter. Zwei Jahre nachdem Olaf Scholz sich selbst zum ‚Kanzler für bezahlbares Wohnen‘ erklärt hat, steigen die Mieten ungebremst weiter, der soziale Wohnungsbau kommt nicht in die Gänge und der versprochene Mietenstopp steht noch nicht einmal auf der Tagesordnung. Die von Miet- und Sozialverbänden geforderte Gemeinnützigkeit bleibt ein Papiertiger. Stattdessen besiegelt der Gipfel ein neues Steuersparmodell für die Oberschichten, ohne soziale Vorgaben – das ist absurd“, so Caren Lay, Sprecherin für Mieten-, Bau- und Wohnungspolitik der Fraktion DIE LINKE im Bundestag. Lay weiter:
„Die Bundesregierung inszeniert beim Wohngipfel eine Reihe kleinerer Maßnahmen. Keine davon ist geeignet, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und den Mietenanstieg zu stoppen. Selbst in Städten, in denen die Mieten bisher bezahlbar waren - wie Delmenhorst, Worms oder Weiden - stiegen die Mietpreise um 13 Prozent innerhalb nur eines Jahres.
Nach zwei Jahren im Amt legt die Ampel-Regierung noch nicht einmal einen Gesetzentwurf für ein soziales Mietrecht vor, von dem schwachen Inhalt des Koalitionsvertrages ganz zu schweigen. Im Ergebnis zahlen viele Menschen jetzt schon über die Hälfte des Einkommens nur für das Wohnen. Nicht einmal ein Viertel der versprochenen 100.000 neuen Sozialwohnungen pro Jahr wurde geschafft. Da hilft es auch nicht, dass die Bundesregierung jetzt die Ausgaben der Länder in ihre Rechnung integriert, um eine möglichst hohe Zahl von 45 Milliarden Euro zu präsentieren. Es ändert nichts daran, dass die Regierung selbst nur 18 Milliarden in fünf Jahren für Sozialwohnungsbau ausgeben will, soviel bräuchte es eigentlich im Jahr.
Auch der Rechtsrahmen für einen nachhaltigen Neustart im sozialen Wohnungsbau, die Neue Wohngemeinnützigkeit, kommt nicht in die Gänge. Bisher liegt nur ein dürrer Vermerk des Bauministeriums vor, von einem ressortabgestimmten Gesetzentwurf fehlt jede Spur. Und auch der Bund selbst hat im letzten Jahr gerade mal lächerliche 76 Wohnungen selbst gebaut.
Die Sonder-AfA mit einer Rekord-Steuerabschreibung von sechs Prozent kommt gänzlich ohne Mietobergrenzen aus. Das ist eine teure und ungezielte Gießkannenförderung, mit der am Ende Reiche ihre Luxusvillen und Lofts von der Steuer absetzen können. Das hat mit sozialer Wohnungspolitik nichts zu tun.
Man wird den Eindruck nicht los: Scholz hat sich seinen Wahlsieg mit den Stimmen der Mieterinnen und Mieter erkauft, sich dann zwei Jahre nicht um sie gekümmert und hat offensichtlich auch nicht die Absicht, es künftig zu tun. Wir brauchten jetzt dringend einen Mietenstopp und ein Öffentliches Wohnungsbauprogramm von 20 Milliarden jährlich, das zum Aufbau eines gemeinnützigen Wohnungssektors dient.“
Zum Wohnungsbaugipfel erklärt der Sprecher für Bau- und Wohnungspolitik der FDP-Fraktion Daniel Föst:
„Dem heutigen Wohnungsbaugipfel müssen jetzt zügig Taten folgen. Die verkündeten Maßnahmen gehen in die richtige Richtung und müssen schnellstens umgesetzt und ergänzt werden. Deutschland muss wieder mehr, schneller und günstiger bauen. Um zügig neuen Wohnraum zu schaffen, müssen wir Regulierungen abbauen, europäische Vorgaben praxistauglich umsetzen, den Normungsprozess vom Bauordnungsrecht entkoppeln und neues Bauland mobilisieren. Dafür brauchen wir ein Baukostenmoratorium für den Wohnungsbau. Immer strengere Vorschriften, auch im Mietrecht, lenken nur vom Hauptproblem ab. Es fehlt in Deutschland an Wohnraum und das nicht zu knapp. Die Stadt Berlin hat deutlich demonstriert, dass dieses Problem nicht wegreguliert werden kann. Der beste Schutz für Mieterinnen und Mieter ist genügend Wohnraum. Die Lösung für eine der drängendsten sozialen Fragen unserer Zeit sind nicht weitere Regulierungen, sondern mehr, schnelleres und günstigeres Bauen.“
Klaus Wicher, Hamburger Vorsitzender Sozialverband SoVD, vom Hamburger Regierungsbündnis zum Wohnungsgipfel: „Bekennen Sie sich eindeutig zum sozialen Wohnungsbau. Schwindender Wohnraum fördert nicht das Vertrauen in die Politik. Mehr sozialer Wohnungsbau in der ganzen Stadt würde unseren sozialen Frieden bewahren und schützen. Deshalb - Hamburg muss mindestens 5000 Sozialwohnungen pro Jahr bauen!“.
Wicher will, dass sich die Stadt stärker im sozialen Wohnungsbau engagiert: „In Hamburg liegen viele sehr große Baustellen brach, weil der Senat bei Projekten wie Teilen der Neuen Mitte Altona, dem Esso Gelände auf St. Pauli oder auch dem Bahrenfelder Carreé nicht eingreifen kann, wenn nicht weitergebaut oder nicht mal mit dem Bau begonnen wird“, kritisiert Wicher.
Studierende, Alleinerziehende, Familien mit kleinem Einkommen bis hin zu den Älteren mit schmaler Rente – sie alle sind existenziell angewiesen auf bezahlbaren Wohnraum: „Auf dem freien Wohnungsmarkt müssten sie oft schon mehr als die Hälfte ihres Einkommens fürs Wohnen ausgeben“, so Wicher. Die Erhöhung der Einkommensgrenze für Sozialwohnungen habe den Kampf um günstige Unterkünfte zusätzlich angeheizt: „Bis zu 90.000 Menschen warten derzeit auf eine SAGA-Wohnung. Wenn an anderer Stelle wenig bis gar nicht mehr gebaut wird, muss die Stadt tätig werden. Sie muss sich zum sozialen Wohnungsbau bekennen, und die Genossenschaften und das eigene Wohnungsbauunternehmen SAGA gesondert fördern. Sozialer Wohnungsbau ist lebensnotwendig für unsere Stadt“. Wicher schlägt vor, die baulichen Vorgaben zu lockern, und die Genehmigungsverfahren zu verschlanken und zu beschleunigen.
Eine wachsende Wohnungsnot trägt auch sozialen Sprengstoff in sich, denkt Wicher: „Ich warne davor, Menschen, die existenziell wenig haben, gegeneinander auszuspielen. Wo starker Mangel herrscht, wird der Wind rauer. Ich befürchte, dass sich aus diesem Mangel mehr Ablehnung und Ressentiments gegenüber anderen und letztendlich politisch extreme Ansichten entwickeln. Dies müssen wir mit allen Mitteln verhindern!“.