Krankenhausreform verschärft GKV-Finanzprobleme
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Heute haben die Gesundheitspolitikerinnen und Gesundheitspolitiker der Ampelkoalition gemeinsam mit dem Bundesgesundheitsminister zahlreiche Detaileinigungen für die anstehende Krankenhausreform, das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz, angekündigt. Es ist gut, dass die Krankenhausreform die Zielgerade in den Blick nimmt, denn der Reformbedarf ist offenkundig. Die Krankenhauslandschaft so umzubauen, dass die Menschen zukünftig bundesweit bedarfsgerecht und qualitätsgesichert versorgt werden, ist die zentrale Aufgabe.
„Die grundlegende Frage einer fairen Finanzierung der Krankenhausreform blenden die Gesundheitspolitikerinnen und Gesundheitspolitiken der Ampel sowie der Bundesgesundheitsminister weiterhin aus“, so Stefanie Stoff-Ahnis, stellvertretende Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes. „Aber die Augen vor den immer größer werdenden Finanzproblemen der gesetzlichen Krankenversicherung zu verschließen, ist keine Zukunftsoption. Im nächsten Jahr steigen die Ausgaben für die Krankenhausversorgung um über 7 Mrd. Euro. Hinzu kommen die Mehrausgaben aus der Krankenhausreform ab 2027 mit jährlich über 3 Mrd. Euro. Hiervon umfasst sind 2,5 Mrd. Euro pro Jahr für den Krankenhaustransformationsfonds, um zehn Jahre lang die Neustrukturierung der Krankenhauslandschaft zu finanzieren. Der notwendige Auf- und Umbau der stationären Versorgung ist aber eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und liegt deshalb klar in der Finanzierungsverantwortung des Staates. Keinesfalls darf die Krankenhausreform nur durch immer weiter steigende GKV-Beitragsmittel gezahlt werden. Der Transformationsfonds - wie im Gesetzentwurf vorgelegt - ist verfassungswidrig und wird vom GKV-Spitzenverband abgelehnt“, betont Stoff-Ahnis.
Mehrausgaben der GKV für die stationäre Versorgung 2025: 7,8 Mrd. Euro
- 7 Mrd. Euro Ausgabensteigerung zum Vorjahr aufgrund steigender Preise und Mengen
- 0,8 Mrd. Euro dauerhafte Folgekosten der Krankenhausreform
2026: 6,8 Mrd. Euro
- 6 Mrd. Euro Ausgabensteigerung zum Vorjahr aufgrund steigender Preise und Mengen
- 0,8 Mrd. Euro dauerhafte Folgekosten der Krankenhausreform
2027: 8,3 Mrd. Euro
- 5 Mrd. Euro Ausgabensteigerung zum Vorjahr aufgrund steigender Preise und Mengen
- 0,8 Mrd. Euro dauerhafte Folgekosten der Krankenhausreform
- 2,5 Mrd. Euro zur Finanzierung des Krankenhaus-Transformationsfonds, jährlich für zehn Jahre
Sozialpolitische Verteilungswirkung beachten
Es gibt einen zentralen sozialpolitischen Unterschied, ob die Krankenkassen aus ihren Beiträgen etwas finanzieren oder der Bund aus Steuergeldern. Wenn die gesetzliche Krankenversicherung etwas finanziert, dann wird dies aus den Beiträgen der 58 Millionen Mitglieder (die 16 Millionen Familienmitglieder sind beitragsfrei mitversichert) und von deren Arbeitgebern finanziert. Dabei zahlen Gutverdienende nur bis zur Höhe der Beitragsbemessungsgrenze von 5.175 Euro. Wer 10.000 oder 15.000 Euro im Monat verdient, zahlt also nicht mehr als jemand, der 6.000 Euro verdient. Wenn etwas aus Steuermitteln bezahlt wird, dann finanzieren alle 84 Millionen Menschen in diesem Land dies gemeinsam über Einkommenssteuer, Gewerbesteuer, Mehrwertsteuer usw. Damit sind dann alle Bürgerinnen und Bürger an der Finanzierung beteiligt. Auch gibt es bei der Einkommenssteuer keine Obergrenze. Alle Einkünfte werden herangezogen. Und durch die Steuerprogression in der Einkommenssteuer leisten Gutverdienende einen höheren Anteil. Hier macht es also einen Unterschied, ob jemand 6.000 oder 10.000 Euro im Monat verdient. Es ist auch sozialpolitisch wichtig, dass der Umbau der Krankenhausstruktur aus Steuermitteln finanziert wird.
Zum Abschluss der parlamentarischen Verhandlungen des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes (KHVVG) erklären Prof. Dr. Armin Grau (Grüne), Mitglied im Gesundheitsausschuss, und Maria Klein-Schmeink (Grüne), Stellvertretende Fraktionsvorsitzende:
Gemeinsam mit SPD und FDP haben wir uns auf wichtige weitere Details der Reform geeinigt. Mit der Krankenhausreform beenden wir einen jahrelangen Reformstau und setzen eine der bedeutendsten gesundheitspolitischen Reformen der letzten 20 Jahre um. Unser Krankenhauswesen leidet unter ökonomischen Fehlanreizen und Fachkräftemangel – es ist selbst zum Patienten geworden. Die Reform ist die nötige Medizin, um die Kliniken zu stärken und die Versorgungsqualität zu verbessern.
Wir sind in den Verhandlungen auf die Bundesländer zugegangen und haben viele ihrer Vorschläge aufgegriffen. Das betrifft beispielsweise die Zukunftssicherung von Fachkliniken oder die bessere Finanzierung bedarfsnotwendiger ländlicher Krankenhäuser. Mit der Reform greift der Bund keineswegs in die Kompetenz der Bundesländer ein, im Gegenteil: Die Reform gibt den Ländern deutlich bessere Möglichkeiten bei der Krankenhausplanung, um die Versorgung der Menschen sicherzustellen.
In den Verhandlungen konnten wir viele wichtige Erfolge und Verbesserungen im Gesetz erreichen. Sektorübergreifende Versorgungseinrichtungen erhalten umfassendere Möglichkeiten, die ambulante Behandlung in unterversorgten oder von Unterversorgung bedrohten Regionen besser zu unterstützen. Wir haben die Geburtshilfe und Kinderkliniken gestärkt. Kinder können nach einer Behandlung so früh wie medizinisch sinnvoll entlassen werden, ohne dass den Kliniken Abschläge drohen. Mit einer Förderung hebammengeführter Kreißsäle stärken wir die natürliche Geburt in unserem Land mit seiner sehr hohen Rate an Kaiserschnitten. Wir bringen Besetzungsstandards bei Ärztinnen und Ärzten und anderen Gesundheitsberufen auf den Weg und sorgen so für bessere Arbeitsbedingungen und mehr Zeit für die Patientinnen und Patienten.
Die Finanzierung der Reform wird gerechter: wenn sich die private Krankenversicherung nicht freiwillig im notwendigen Maße an den Kosten beteiligt, wird eine gesetzliche Beteiligungsregelung privat Versicherter auf den Weg gebracht. Die Mittel aus dem Vorhaltebudget können den Kliniken schneller und unterjährig zufließen, das sichert die Liquidität vieler finanziell angeschlagener Krankenhäuser. Wir verschlanken die Prüfungen durch den Medizinischen Dienst und bauen Bürokratie ab.
Für die Sicherung der stationären Versorgung der Bevölkerung ist es nun entscheidend, dass die Krankenhausreform fristgerecht zum 1. Januar in Kraft tritt.