Mehr Nachhaltigkeit in der Krankenhausverpflegung
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Eine Anpassung des Angebots zugunsten von mehr Qualität sowie die Reduzierung der Lebensmittelabfälle sind aus Sicht von Juliane Kaufmann, Leiterin des Geschäftsbereichs Erlösmanagement am Universitätsklinikum Charite in Berlin, zwei wichtige Schritte, um zu mehr Nachhaltigkeit in der Krankenhausverpflegung zu kommen. Das wurde während eines öffentlichen Fachgespräches vor dem Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung am Mittwoch deutlich.
Die Charité behandle rund 140.000 stationäre Patientinnen und Patienten pro Jahr, erläuterte Kaufmann. Es gebe 24.000 Beschäftigte an vier Standorten. 300 Menschen seien mit dem Kochen und Zubereiten des Essens für Patienten und Beschäftigte befasst. Es würden etwa 5.000 Mittagessen pro Tag zubereitet. 3.000 Mittagessen gingen an Patienten - davon ein Drittel in besonderer Diätkostform.
Die Krankenhäuser, so Kaufmann, stünden unter einem enormen ökonomischen Druck und vor strukturellen Herausforderungen wie dem Fachkräftemangel. Zur Realität gehöre auch, „dass Fragen der Ernährung unter diesem Druck das erste Opfer sind“. Die Ernährungstransformation könne nur als interdisziplinäre Gemeinschaftsaufgabe gesehen werden, sagte sie. Dafür brauche es Fachpersonal, dass auch vergütet werden muss. Müssten sich Krankenhäuser aber zwischen Ärzten und Pflegekräften oder der Diätassistentin entscheiden, falle die Wahl im Sinne des ökonomischen Druckes auf Ärzte und Pflegekräfte.
Sechs Euro stünden pro Tag für den Wareneinsatz des gesamten täglichen Essens pro Patient zur Verfügung, sagte Kaufmann. „Das ist eine große Herausforderung.“ Um hochwertige Produkte, wie etwa Bioprodukte, anbieten zu können und den Anteil an Regionalität zu erhöhen, müsste woanders gespart werden. „Die größten Einsparungen erreichen wir mit den Produkten, die wir nicht verwenden“, sagte sie mit Verweis auf die Anpassung des Angebots zugunsten von mehr Qualität. Hier sei die Charité durchaus erfolgreich. Bei der Patientenversorgung seien die Lebensmittelabfälle in den letzten zwei Jahren um mehr als 20 Prozent und bei der Mitarbeiterversorgung um mehr als 50 Prozent gesenkt worden.
Nötig seien klare und verbindliche Vorgaben, sagte Kaufmann. Es sei eine verschenkte Chance, dass dieses Thema nicht in der Krankenhausreform aufgenommen worden sei, kritisierte sie. Zumindest die Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung hätte man verpflichtend einführen sollen.
Patrick Wodni, stellvertretender Projektleiter der „Küchen-Werkstatt“ bei der Kantine Zukunft Berlin, stellte das Konzept vor, mit dem schon mehr als 150 Küchen - von Kitas bis zu Seniorenheimen - auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit begleitet worden seien. Ziel dieser Transformationsarbeit sei immer ein höchstmöglicher Bio-Anteil „innerhalb des Budgets“, wie Wodni betonte. Es gehe um pflanzlich betonte Speisepläne, Saisonalität, mehr Frische und mehr Handwerk sowie um eine Reduktion von Convenience-Produkten.
Vor dem Hintergrund des immensen Kostendrucks in den Krankenhäusern sei aktuell leider ein Trend zum Outsourcing und zur Zentralisierung zu erkennen, sagte er. Der zentralisierten und wirtschaftlich optimierten Versorgung durch High-Convenience seien jedoch selbstkochende Küchen vor Ort zu bevorzugen. Mindestens sollte es aber eine Aufrechterhaltung der Mischformen und verschiedene Arten der Versorgung geben, forderte Wodni.
Viele Krankenhausküchen würden noch selbst kochen und könnten das aus seiner Sicht auch weiterhin tun, „wenn das finanziell getragen und inhaltlich reizvoll gestaltet wird“. Das Interesse am Thema Krankenhausessen sei allgegenwärtig. „Noch kann entschieden werden, wie die Versorgung zukünftig aussehen soll“, sagte Wodni. Sei aber erst ein Versorgungssystem installiert, für das teilweise Millionensummen ausgegeben würden, bestimme das die Art des Küchenbetriebs für Jahrzehnte.
Autor: Bundestag/hib | © EU-Schwerbehinderung/Deutscher Bundestag