Corona-Pandemie: Risikogruppen dürfen nicht aus dem öffentlichen Leben entfernt werden!
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Das Coronavirus ist für Menschen mit Behinderung besonders belastend. Menschen mit Behinderung gehören zur Risikogruppe. Menschen mit Behinderung oder psychischer Erkrankung brauchen in der Corona-Krise besonderen Schutz und Unterstützung.
Die gesamte Betreuung und Begleitung durch die Dienste und Einrichtungen der Eingliederungshilfe in Deutschland muss unterstützt werden: Menschen mit Behinderung oder psychischer Erkrankung sind einerseits auf Menschen zu ihrer täglichen Unterstützung angewiesen, andererseits haben sie ein besonderes Risiko, schwer zu erkranken.
Für sie kann eine Infektion mit dem Corona-Virus lebensbedrohlich sein. Und allein die bestehenden Einschränkungen machen zahlreiche Umstellungen notwendig und bedeuten eine erhebliche Verunsicherung.
Die Leben in Deutschland e.V. (ISL) teilt in einer Pressemittelung mit das Risikogruppen nicht aus dem öffentlichen Leben entfernt werden dürfen:
In den öffentlich-rechtlichen und privaten Medien macht ein diskutiertes Maßnahmenpapier der Bundespolitik die Runde, das vorsieht, sogenannte Risikogruppen wie ältere Menschen, Menschen mit chronischen Erkrankungen und Menschen mit Störungen der Immunabwehr aus dem öffentlichen Leben zu entfernen, um der restlichen Bevölkerung ein weitestgehend „normales Leben“, wie es vor Ausbruch der Corona-Pandemie gelebt wurde, zu ermöglichen.
Die Risikogruppen sollen laut Maßnahmenpapier über die Datensätze der Krankenkassen identifiziert und in Konsequenz aufgefordert werden, Zuhause zu bleiben und möglichst alle sozialen Kontakte zu vermeiden. Wenn sie der Aufforderung nicht folgeleisten, werden seuchenpolitische Maßnahmen angedacht, die zu einer Zwangsquarantäne der betroffenen Personengruppen führen können. Die Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland e.V. (ISL) verwahrt sich strikt gegen solche Konzepte, die die Freiheits- und Selbstbestimmungsrechte von Menschen mit Behinderungen und chronischer Krankheit massiv beschneiden.
„Die Eindämmung der Corona-Pandemie muss eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe bleiben und darf nicht zu einer Isolierung und Fremdbestimmung derjenigen Menschen führen, die ohnehin schon an den Rändern der Gesellschaft verortet sind,“ empört sich Alexander Ahrens, ISL-Geschäftsführer. „Alle Gesellschaftsgruppen müssen gemeinsam Sorge tragen, durch Umsicht und die Einhaltung von Hygiene- und Social-Distancing-Maßnahmen, eine rasante Ausbreitung des CoronaVirus‘ so gut wie möglich zu unterbinden.
Eine Isolierung von alten, behinderten und chronisch kranken Menschen darf hier keine Alternative sein, die Gesellschaft von ihrer gemeinsamen Verantwortung zu entbinden,“ appelliert Ahrens und mahnt: „Risikogruppen über einen unvorhersehbaren Zeitraum zur Isolation zu verdammen, ist in der Bekämpfung der Pandemie der völlig falsche Weg, da er diese Personengruppen nicht schützt, sondern nur ausgrenzt und sie in ihrem Alltagshandeln, wie Einkaufen, der Berufsausübung, der medizinischen und therapeutischen Versorgung und der Pflege sozialer Kontakte, massiv behindert und diskriminiert.“ Wege aus dieser Krise können nur darin bestehen, Risikogruppen und deren Bezugspersonen Zugang zu regelmäßigen Tests auf Covid-19 zu ermöglichen, Risikogruppen, sowie Fach-, Pflege und medizinisches Personal mit Schutzausrüstung und Desinfektionsmitteln zu versorgen, um das Risiko einer Ansteckung zu minimieren.
Ausgrenzung, Isolation und das Absprechen der eigenen Selbstverantwortung von Risikogruppen dürfen in diesem Diskurs keinen Platz haben. Die „Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland e.V. (ISL)“ ist eine menschenrechtsorientierte Selbstvertretungsorganisation und die Dachorganisation der Zentren für Selbstbestimmtes Leben behinderter Menschen. Sie wurde nach dem Vorbild der US-amerikanischen „Independent Living Movement“ gegründet, um die Selbstbestimmung behinderter Menschen auch in Deutschland durchzusetzen.
Autor: md / © EU-Schwerbehinderung