Bundesregierung einigt sich auf 130 Milliarden Euro Konjunkturpaket
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Die Koalitionsspitzen haben in einer zweitägigen Verhandlung ein 130 Milliarden Euro schweres Konjunkturpaket beschlossen, mit dem die Wirtschaft wird angekurbelt werden soll, die durch die Corona-Krise schwer getroffen wurde.
Olaf Scholz, der Vizekanzler sagte am Mittwochabend: „Wir wollen mit Wumms aus der Krise kommen.“ 120 Milliarden Euro bringt der Bund selbst auf, von dem riesigen Konjunkturpakt. Angela Merkel, die Bundeskanzlerin, hat von einem „guten Grundstein, um aus der Krise zu kommen“, gesprochen. So glaube Sie, dass jetzt investiert werden müsse, da, „wir gerade den nächsten Generationen Zukunft ermöglichen wollen“.
Folgende Punkte sieht das Maßnahmenpaket vor:
Senkung der Mehrwertsteuer
Die Absenkung der Mehrwert ist eines der größten Überraschungen des Pakets. Nach den Worten von Markus Söder, den CSU-Vorsitzenden ist die Absenkung der der Mehrwertsteuer ein „Herzstück“ des Paketes. Befristet soll vom 1. Juli bis 31. Dezember 2020 der Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent auf 16 Prozent und für den ermäßigten Satz von 7 auf 5 Prozent gesenkt werden.
Merkel sagte: „um die Verlässlichkeit für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Unternehmer. Deshalb verpflichten wir uns, die Sozialbeiträge nicht über 40 Prozent steigen zu lassen. Das ist eine Sozialgarantie. Das heißt, wir werden weder Sozialleistungen kürzen noch die Beiträge über 40 Prozent steigen lassen.“
„Es wird eine Vielzahl weiterer Maßnahmen geben, die die Wirtschaft beleben. Wir werden auch noch ein Brückenprogramm aus noch vorhandenen Mitteln für mittelständische und Kleine Unternehmer beschließen. Wir werden für die Kultur und für Sozialunternehmen etwas tun und vieles andere mehr. Wir wollen die Wirtschaftskraft auch dadurch beleben und entfesseln, dass wir im Bürokratiebereich alles daransetzen - Vergaberecht, Wettbewerbsrecht, Planungsrecht -, um zu beschleunigen.“
Kinderbonus für Familien
Einen einmaligen Kinderbonus von 300 Euro pro Kind sollen die Eltern erhalten. Dabei verdoppeln sich diese Beiträge für Alleinerziehende. Der Bonus ist zu versteuern, jedoch wird dieser aber nicht auf die Grundsicherung angerechnet. Hartz-IV-Empfänger sollen das Geld auch bekommen.
Bahn und Nahverkehr
Milliardenschwere Finanzhilfen bekommt die Deutsche Bahn wegen Einnahmeausfällen in der Corona-Krise. Dabei will der Bund dem Konzern Eigenkapital in Höhe von fünf Milliarden Euro zu Verfügung stellen. Weiter Hilfen sind geplant von 2,5 Milliarden Euro für den öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV).
Die Stärkung der Kommunen
Die Kommunen die finanziell unter Corona-Krise leiden, sollen Milliardenhilfen von der Bundesregierung bekommen. Dadurch sollen die Ausfälle bei den Gewerbesteuereinnahmen kompensiert werden. Der Bund will weitere 25 Prozent der Unterkunftskosten für Hartz-IV-Empfänger übernehmen, damit wird er 75 Prozent der Kosten tragen. Scholz sagte, das sei eine „dauerhafte Veränderung in den Bund-Länder-Finanzbeziehungen.“ Auch würden davon strukturschwache Städte profitieren. Zudem soll auch der Gesundheitssektor gestärkt werden
Entlastung bei den Stromkosten
Ab 2021 soll die EEG-Umlage durch Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt abgesenkt werden. Bei 6,5 Cent soll diese ab 2021 liegen und ab 2022 bei 6 Cent je kW/h.
Zukunftspaket
Es sollen 50 Milliarden Euro in ein Zukunftspaket investiert werden, etwa in die Erweiterung der steuerlichen Forschungszulage. Auch sollen die Mittel für künstliche Intelligenz erhöht werden, weiter geplant sei der Ausbau des 5G Netzes, dieser soll beschleunigt werden, auch die Förderung von Elektrofahrzeugen soll verbessert werden. Danach soll die Umweltprämie befristet bis Ende 2021 für den Kauf von Elektrofahrzeugen mit einem Nettolistenpreis von bis zu 40.000 Euro von 3.000 auf 6.000 Euro steigen.
Die Kanzlerin sagte: „Wir werden die Kommunen beim Onlinezugangsgesetz unterstützen, das heißt, die Digitalisierung unserer staatlichen Dienstleistungen voranbringen. Wir werden, was mir persönlich sehr wichtig war, als Lehre aus der Krise den öffentlichen Gesundheitssektor in den Kommunen für die nächsten fünf Jahre stärken, damit er, der im Augenblick sehr viel leistet, auch wirklich sachgerecht ausgestattet ist. Wir werden im Bereich Quantencomputing, künstliche Intelligenz und in anderen Bereichen noch einmal Akzente setzen.“
„Alles in allem waren es lange und intensive Beratungen. Natürlich waren auch unterschiedliche Vorstellungen unter einen Hut zu bringen. Ich finde, uns ist das so gelungen, dass wir den Menschen im Land sagen können, egal ob sie unternehmerisch tätig sind, ob sie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind, ob sie Väter und Mütter sind oder ob sie in einer Kommune Verantwortung tragen: Wir versuchen, aus dieser extrem schwierigen Situation gemeinsam stark herauszukommen. Dafür, glaube ich, haben wir heute einen guten Grundstein gelegt.“
Zum Ergebnis des Koalitionsausschusses vom 3. Juni 2020 erklärt der arbeitsmarkt- und sozialpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Peter Weiß:
„Ich freue mich, dass es mit den gestrigen Beschlüssen des Koalitionsausschusses gelungen ist, die wirtschaftlichen und vor allem sozialen Härten der Corona-Krise weiter abzufedern.
Mit der „Sozialgarantie 2021“ stabilisieren wir die Sozialversicherungsbeiträge bei maximal 40%, indem wir den Finanzbedarf aus dem Bundeshaushalt decken. Damit senken wir die Lohnnebenkosten, schützen die Nettoeinkommen der Arbeitnehmer und schaffen Verlässlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit für die Arbeitgeber.
Besonders im Blick haben wir zudem die gemeinnützigen Organisationen. Sie sind Helfer in der Not und halten unsere Gesellschaft zusammen. Jetzt brauchen sie in der Not der Corona-Krise unsere Hilfe. Der Bund stellt deshalb für 2020 und 2021 insgesamt 1 Mrd. Euro über ein Kreditsonderprogramm der KfW zur Verfügung. Zusätzlich können Jugendherbergen, Familienferienstätten, Sozialunternehmen und Behinderteneinrichtungen auch von den beschlossenen 25 Mrd. Euro Überbrückungshilfen profitieren. Mit diesen Unterstützungsmaßnahmen setzen wir ein weiteres Zeichen für übergreifende Solidarität in der Corona-Krise.“
Martin Rabanus, kultur- und medienpolitischer Sprecher von der SPD hat teilt zum Konjunkturpaket mit:
„Wir begrüßen das von Bundesfinanzminister Olaf Scholz initiierte Konjunkturprogramm, das auch eine Unterstützung von Kunst und Kultur in Höhe von einer Milliarde Euro beinhaltet. Mit der Kultur-Milliarde können wir wichtige Impulse setzen, damit unsere Kulturinfrastruktur gut durch die Corona-Krise kommt. Die Förderung von Nothilfen und Mehrbedarfen ist der erhoffte Ansatz, um Kultureinrichtungen, Künstlerinnen und Künstlern zu unterstützen. Mit neuen digitalen Angeboten werden für den Kultur- und Medienbereich zukunftsweisende Akzente gesetzt.
Darüber hinaus profitiert der Kultur- und Medienbereich von weiteren Maßnahmen des Konjunkturprogrammes. Die Senkung des Mehrwertsteuersatzes, der steuerliche Verlustvortrag sowie die finanzielle Überbrückungshilfe in Höhe von 25 Milliarden Euro unterstützen auch kulturelle Einrichtungen wie Clubs, Kinos sowie den Veranstaltungsbereich. Eine Verlängerung der vereinfachten Grundsicherung bis Ende September hilft den vielen Kultur- und Medienschaffenden, die durch die Folgen der Corona-Pandemie unverschuldet in Existenznot geraten sind. Die beschlossenen Entlastungen von Kommunen machen weiteren Spielraum in den Kulturhaushalten direkt vor Ort frei.
Die SPD-Bundestagsfraktion hat in ihrem Positionspapier vom 12. Mai 2020 nachhaltige Lösungen rund um die soziale Absicherung von Kultur- und Medienschaffenden, für Soforthilfen und Mittel zum Fortbestehen von Kultureinrichtungen vorgeschlagen. Das Konjunkturprogramm und die Maßnahmen, die wir in unserem Positionspapier vorschlagen, sind wichtige Bausteine zu den Programmen und Hilfen, die der Deutsche Bundestag und die Bundesländer bereits auf den Weg gebracht haben.
Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE, Amira Mohamed Ali hat sich ebenfalls geäußert zum Konjunkturprogramm:
„Es ist nicht alles falsch, aber ein zukunftsweisendes Konjunkturprogramm sieht anders aus.“
„Zwar ist eine stärkere Unterstützung besonders betroffener Branchen wie Restaurants, Hotels oder Reisebüros richtig und sogar überfällig gewesen. Aber hier hätten die Zuschüsse nicht auf die Betriebskosten beschränkt bleiben dürfen. So fallen wieder viele durch das Raster. Besonders kleinen Unternehmen droht weiterhin das Aus. Der Kinder-Bonus ist natürlich zu begrüßen, aber es wären zusätzliche Hilfen für besonders einkommensschwache Familien nötig gewesen. Außerdem brauchen auch Menschen mit sehr niedrigem Einkommen ohne Kinder jetzt Hilfe. Ein Pandemiezuschlag für kleine Renten und für Hartz IV wäre richtig gewesen, was auch in Bezug auf eine Nachfrageerhöhung effektiver gewesen wäre, weil diese Menschen das zusätzliche Geld dringend benötigen und ausgeben werden.
Stattdessen wird das Geld mit der Gießkanne auch über reiche Haushalte und profitable Unternehmen, die eigentlich keine Hilfe bräuchten, ausgeschüttet. Wie durch die Verdopplung der Kaufprämie für E-Autos, von der insbesondere Haushalte mit sehr hohem Einkommen profitieren. Im Gegenzug wird für die, die sich kein E-Auto leisten können, ab 2021 sogar unter Umständen die KfZ-Steuer erhöht. Das ist sozial hochgradig ungerecht.
Und die auf sechs Monate befristete Mehrwertsteuersenkung wird wahrscheinlich nicht oder zumindest nicht vollständig bei den Konsumenten ankommen, weil einige Unternehmen die Preise nicht senken werden und sich das Geld stattdessen lieber selber einstecken. So werden mit Steuergeldern sogar Extra-Profite finanziert. Das darf nicht sein.
Es ist außerdem beschämend, dass die Bundesregierung auch bei diesem riesigen Programm die Pflegekräfte noch nicht einmal erwähnt. Ein klares Bekenntnis für einen höheren Mindestlohn in der Pflege und flächendeckende und allgemeinverbindliche Tarifverträge wären richtig und ebenfalls eine Maßnahme zur Konjunkturunterstützung gewesen.“
Zu dem vorgelegten Konjunkturpaket der Bundesregierung sagt der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann am Donnerstag in Berlin:
„Die Bundesregierung hat ein beachtliches Paket auf den Weg gebracht und beweist damit erneut Handlungsfähigkeit in schwieriger Zeit. Nun wird es darauf ankommen, dass es die notwendige Wirkung entfaltet. Der Kinderbonus war eine Forderung der Gewerkschaften und ist ein starkes Signal an die in der Krise stark betroffenen Familien.
Es ist richtig, dass er nicht auf die Grundsicherung angerechnet wird. Auch die Senkung der Mehrwertsteuer ist ein probates Instrument, um den Konsum in der Breite anzukurbeln. Sie wird dann einen konjunkturellen Effekt haben, wenn sie auch durch sinkende Preise an die Verbraucher weitergegeben wird. Wichtig ist, dass mit den konjunkturellen Maßnahmen und Investitionsimpulsen ein Beitrag zur Sicherung von Beschäftigung geleistet wird.
Die schrittweise Senkung der EEG-Umlage war überfällig und wird den weiteren Anstieg der Strompreise verhindern. Das ist gut für die Verbraucher, aber auch für energieintensive Unternehmen. Zu begrüßen ist der Solidarpakt für die Kommunen. Dazu gehören der Ausgleich der durch die Krise bedingten Gewerbesteuerausfälle ebenso wie die seit langem überfällige Übernahme der Unterkunftskosten in der Grundsicherung durch den Bund. Es ist bedauerlich, dass die Altschuldentilgung der Kommunen nicht durchgesetzt werden konnte.
Positiv ist die Verständigung auf einen Schutzschirm für den ÖPNV, mit dem die weggebrochenen Fahrgeldeinnahmen aufgefangen werden sollen. Neben dem Anteil des Bundes müssen sich auch die Länder daran beteiligen. Wichtig sind darüber hinaus die verschiedenen Maßnahmen im Bereich Verkehrs- und Mobilitätsinfrastruktur, die einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten können. Auch die verschiedenen Maßnahmen für Zukunftsinvestitionen im Bereich der Fahrzeughersteller und der Zuliefererindustrie sowie die Berücksichtigung anderer Verkehrsträger wie Bahn, Schifffahrt und moderne Flugzeuge sind zu begrüßen.
Der Wirtschaftsstandort Deutschland braucht einen Modernisierungsschub. Zahlreiche Maßnahmen im Bereich Digitalisierung und Klimatechnologien können einen Beitrag dazu leisten. So ist seit langem eine nationale Wasserstoffstrategie überfällig, die aber auch europäisch eingebettet werden muss. Es ist richtig, dass Deutschland sich dazu bekennt, europäische und internationale Verantwortung zu übernehmen. Die Bundesregierung muss im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft in der zweiten Jahreshälfte alles daran setzen, ein ambitioniertes europäisches Wiederaufbauprogramm auf den Weg zu bringen.“
Autor: dm / © EU-Schwerbehinderung