Enttäuschung beim Entlastungspaket: Bund- und Länder schaffen wenig Einigkeit
- Lesezeit: 18 Minuten

Wenn Bund und Länder sich in einer Konferenz zusammensetzen, dann werden immer wieder auch Ergebnisse erwartet, auch wenn die Erwartungshaltung nicht immer erfüllt, werden können. Eine Bund- Länderkonferenz, auch als Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) bekannt, liefert nur dann Ergebnisse, wenn der diskutierte Inhalt auch ergebnisfähig ist.
Die gestrige Bund- Länderkonferenz zeigte aber das, was eigentlich auch zu erwarten war (vollständiges Protokoll für Plus Abonnementen hier), nämlich enttäuschte Gesichter. Der Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sowie die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder betonten in ihrem gemeinsamen Beschluss, dass es weiterhin einer enormen Anstrengung bedarf, um die Sicherheit der Energieversorgung zu gewährleisten.
Wie genau die Entlastungen für Bürgerinnen und Bürger aussehen, das konnte gestern nicht beschlossen werden, war aber auch nicht zu erwarten. Die hierfür eingerichtete Kommission soll Vorschläge erarbeiten, wie ein Gaspreis- und Strompreisdeckel aussehen könnte. Sicher ist nur, so billig wie im Jahr 2021, wird es Energie nie wieder geben.
Eine besonderer Punkt ist das Wohngeld, welches reformiert werden soll. Während die Bundesländer hier gerne gewünscht hätten, dass der Bund die Kosten voll übernehmen soll. Bisher tragen die Kosten die Länder- und Kommunalkassen, hatte der Bundesfinanzminister Christian Lindner, den Ländern bereits eine Abfuhr erteilt. Linder wies darauf hin, dass einige Bundesländer bereits jetzt schon jedes Jahr ein Plus in ihren Haushaltskassen haben und daher diese auch die Kosten mittragen müssten, denn der Bundeshaushalt ist bereits heute negativ belastet.
Von außen betrachtet mögen die Debatten um die Übernahme der Kosten, fast schon lächerlich klingen, denn am Ende ist die innere Einigkeit Deutschlands auch das Bild, was Deutschland in der Öffentlichkeit repräsentiert. Ein Land, das sich nicht einmal zwischen Bund- und Ländern einigen kann, wirkt in der äußeren Wahrnehmung nicht gerade als ein starkes Land.
Mit Fassungslosigkeit und Enttäuschung reagiert die Deutsche Krankenhausgesellschaft auf die Beschlussunfähigkeit der Bund-Länder-Runde. Das Schwarze-Peter-Spiel zwischen Bund und Ländern führt zu einer inakzeptablen Hängepartie für die Bürgerinnen und Bürger, die gesamte Wirtschaft und für die Krankenhäuser.
„Man kann dieses Nicht-Ergebnis nur als Scheitern bezeichnen. Mit der Frage, wie wir die immensen Kosten der galoppierenden Inflation ausgleichen sollen, werden wir weiterhin alleingelassen, und so steigt die Gefahr von Insolvenzen von Woche zu Woche. Wir brauchen umgehend einen Beschluss für einen umfassenden Inflationsausgleich für die Kliniken. Für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist die Lage völlig inakzeptabel. Wir erwarten, dass das Bundesgesundheitsministerium umgehend einen konkreten Vorschlag vorlegt, wie die wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser stabilisiert werden kann. Der Verweis auf die Regierungskommission zur Gaspreisbremse zeigt nur die Handlungsunfähigkeit und Hilflosigkeit der Regierung. Die Kommission zur Gaspreisbremse hat weder den Auftrag noch die Kompetenz, eine Antwort auf diese Frage zu geben. Auch jenseits der Energiekosten haben die Krankenhäuser bis Ende 2023 nicht refinanzierte Kostensteigerungen im Umfang von 10 Milliarden Euro zu stemmen. Dieser Umstand wird von niemandem bestritten, aber man lässt uns im Regen stehen. Bis zur nächsten regulären Ministerpräsidentenkonferenz kann und darf nicht gewartet werden. Ein weiteres Verschleppen wäre nur noch als unterlassene Hilfe zu bezeichnen“, betont der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft Dr. Gerald Gaß.
„Mit bitterer Enttäuschung haben wir zur Kenntnis nehmen müssen: Bund und Länder haben sich noch immer nicht auf die Finanzierung des dritten Entlastungspakets und die Gaspreisbremse geeinigt. Wir sehen darin eine große Gefahr für den sozialen Frieden. Das von Berlin beschlossene eigene Entlastungspaket mit dem 29-Euro-Ticket hängt zunehmend in der Luft“, stellt die SoVD-Landesvorsitzende Ursula Engelen-Kefer fest. Wieder einmal sei das Politgeschacher über die Not der Menschen gestellt worden. „Die seit Monaten steigenden Rechnungen in den Supermärkten warten nicht. Bei den Heiz- und Stromkosten gibt es bereits hohe Abschläge“, so Engelen-Kefer.
Das Versprechen des Bundeskanzlers für das dritte Entlastungspaket liege schon wieder Wochen zurück. Die Volte von der unsozialen Gasumlage zu der überfälligen Gaspreisbremse habe ebenfalls nicht dazu beigetragen, das gefährdete Vertrauen in die Politik zu stärken. „Die Menschen warten dringend auf die Gaspreisbremse, die Verbesserungen beim Wohngeld, eine menschenwürdige Erhöhung der Grundsicherung und das verbilligte Ticket für den ÖPNV. Bund und Länder sind gefordert, ihre wahltaktischen Manöver hintanzustellen und den Weg für die Finanzierung und Umsetzung der überfälligen Entlastungsmaßnahmen freizumachen“, mahnt Engelen-Kefer.
Die Fraktionsvorsitzende Bündnis 90/Grüne, Britta Haßelmann: „Durch Putins Angriffskrieg haben sich die Preise für fossile Energieträger und Lebensmittel in den vergangenen Monaten vervielfacht. Die hohen Preise sind eine massive Belastung für sehr viele Menschen, viele Unternehmen und das Handwerk im Land. Angesichts dieser Lage ist es wichtig, dass Bund und Länder gestern ihre Zusammenarbeit bekräftigt haben. Aber die Zeit drängt. Die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land erwarten zeitnah Antworten von Bund und Ländern. Der Bund hat hier Vorschläge unterbreitet. Wir müssen jetzt schnell klären, welche Unterstützung und Hilfe konkret von Bund und Ländern zu erwarten ist.“
Katharina Dröge, Bündnis 90/Grüne erklärt: „Wir benötigen dringend eine Einigung auf ein 49-Euro-Ticket für Bus und Bahn. Dieses entlastet die Menschen und hilft nachweislich, CO2 einzusparen. Eine Einigung zwischen Bund und Ländern muss sowohl ein 49-Euro-Ticket beinhalten als auch eine Erhöhung der Regionalisierungsmittel zum Ausbau des ÖPNV.
Wir befinden uns durch den Krieg und seine Folgen in einer tiefgreifenden Krise mit Auswirkungen auf allen Ebenen – Bund, Länder und Kommunen. Und deshalb bewältigen wir diese Krise nur gemeinsam. Die vereinbarten Hilfen aus den drei Entlastungspaketen in Höhe von 95 Milliarden Euro und die 200 Milliarden Euro Abwehrschirm sind entscheidend dafür, eine tiefgreifende Wirtschaftskrise in Deutschland zu verhindern. Signale aus den Ländern, dass die Bewältigung der Krise bei gleichzeitiger Einhaltung der Schuldenbremse schwierig wird, weisen hier den richtigen Weg.“
Somit bleibt abzuwarten, was die Kommission konkret für Entlastungsmaßnahmen ausarbeitet und wie sich diese auf die Bürgerinnen und Bürger, dem Sozialeinrichtungen, Krankenhäuser und Gewerbe, auswirken wird. Dabei werden nicht nur die kurzfristigen Entlastungen maßgeblich sein, sondern auch langfristige Maßnahmen um Energie nicht zum Luxusgut werden zu lassen.
Das vollständige Protokoll:
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Autor: kro / © EU-Schwerbehinderung