Die Grünen wollen den Mindestlohn auf zwölf Euro erhöhen
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Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat einen Antrag für einen höheren gesetzlichen Mindestlohn und eine Reform der Mindestlohnkommission vorgelegt. Drucksache: 19/22554 Darin schreibt sie: "Der symbolischen Aufwertung von Tätigkeiten im Niedriglohnsektor muss auch eine finanzielle Anerkennung folgen, die sich nicht in Einmalzahlungen erschöpft.
Wenn Menschen in Vollzeit arbeiten, dann müssen sie von ihrer Arbeit auch leben können. Der Lohn muss deshalb zumindest existenzsichernd ausgestaltet sein." Die am 30. Juli 2020 von der Mindestlohnkommission beschlossene schrittweise Erhöhung des Mindestlohns auf 10,45 Euro bis zum Juli 2022 reiche dafür nicht aus. Ginge es in diesem Tempo weiter, würde der Mindestlohn erst in einigen Jahren die Höhe von zwölf Euro erreichen - und wäre dann bereits wieder zu niedrig. "Es braucht eine schrittweise und dennoch zügige Erhöhung auf zwölf Euro", fordern die Grünen.
In dem Antrag 19/22554 heißt es:
Mit Beginn der Corona-Pandemie wurden viele Branchen und Berufsbilder plötzlich als systemrelevant erklärt und damit als essentiell für die Aufrechterhaltung kritischer Infrastruktur eingeordnet. In den Blick geraten ist dabei auch die häufig schlechte Entlohnung in diesen Branchen. Beschäftigte, die im Einzelhandel, der Nahrungsmittelproduktion, in pflegerischen Tätigkeiten oder in der Reinigungsbranche mit ihrer Arbeit für die Erfüllung gesellschaftlicher Grundbedürfnisse sorgen, erhalten häufig sehr niedrige Löhne. Inzwischen arbeiten in Deutschland etwa 22 Prozent aller Beschäftigten im Niedriglohnsektor, erhalten also weniger als 12 Euro pro geleistete Arbeitsstunde (Bertelsmann-Stiftung 2020, Der Niedriglohnsektor in Deutschland).
Davon arbeiten wiederum 1,4 Millionen Menschen zum gesetzlichen Mindestlohn, der mit 9,35 Euro die absolute Untergrenze darstellt (Statistisches Bundesamt 2020). Diese gesetzliche Untergrenze ist notwendig, weil viele Unternehmen – beispielsweise im Dienstleistungsbereich oder in der Logistikbranche – nicht tarifgebunden sind und für sie auch kein Branchenmindestlohn existiert. Problematisch ist, dass der derzeit geltende Mindestlohn von 9,35 Euro viel zu niedrig ist und diese Menschen selbst bei Vollzeit trotz Erwerbsarbeit nicht vor Armut schützt.
Auf europäischer Ebene wird die Armutslohnschwelle bei 60 Prozent des nationalen Medianeinkommens angesetzt. Aktuellen Berechnungen zufolge ist Deutschland mit weniger als 50 Prozent des Medianeinkommens weit davon entfernt (WSI-Mindestlohnbericht 2020) und liegt im EU-Vergleich auf einem der letzten Plätze. Daher ist die Forderung nach einem Mindestlohn in Höhe von 12 Euro angemessen.
Sie verlangen von der Bundesregierung unter anderem, dafür zu sorgen, dass der gesetzliche Mindestlohn innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren unter Berücksichtigung der Betroffenheit durch die Corona-Pandemie auf zwölf Euro pro Stunde erhöht wird. Darüber hinaus soll die Erhöhung des Mindestlohns aber Aufgabe der Mindestlohnkommission bleiben, gleichzeitig soll aber das Mindestlohngesetz reformiert werden.
Damit soll unter anderem erreicht werden, dass die Ziele bei der Gesamtabwägung zur Erhöhung des Mindestlohns im Mindestlohngesetzes (MiLoG) dahingehend ergänzt werden, dass der Mindestlohn vor Armut schützen muss. Außerdem soll die Kommission künftig beschließen können, dass der Mindestlohn mindestens der Tarifentwicklung folgt und darüber hinaus auch relativ steigen kann. Die Grünen fordern weiter, die Kontrollen des Mindestlohngesetzes deutlich zu verbessern und eine Dokumentation der Arbeitszeit gemäß eines Urteils des Europäischen Gerichtshofes umzusetzen.
Autor: dm / © EU-Schwerbehinderung