Gegen Pflegekräftemangel in Bayern: Beschleunigte Verfahren und innovative Arbeitsmodelle
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Die Vereinigung der Pflegenden in Bayern (VdPB) präsentierte am Montag die Ergebnisse der zweiten Runde ihrer Monitoringstudie Pflegepersonalbedarf Bayern 2023 in Nürnberg. Damit stellte die VdPB nach ihrer Studie aus dem Jahr 2020 erneut datengestützte Erkenntnisse, reale Zahlen und belastbare Prognosen den in letzter Zeit üblich gewordenen Narrativen und häufigen Fehlinterpretationen zur Zukunft der Pflege gegenüber.
Die Monitoringstudie wurde wie bei ihrem ersten Durchlauf im Pandemiejahr 2020 im Auftrag der VdPB federführend durchgeführt von Prof. Dr. Michael Isfort von der Dienstleistung, Innovation, Pflegeforschung GmbH (DIP) und von Prof. Dr. Thomas Klie von der AGP Sozialforschung. Die Ergebnisse konnten auf der einen Seite zwar durchaus Hoffnung wecken, lieferten aber andererseits auch Anlass zur Sorge: Während sich die 2020 neu eingeführte generalistische Pflegeausbildung gemessen an den stark sinkenden Zahlen von Absolventinnen und Absolventen allgemeinbildender Schulen und gegenüber anderen Ausbildungsberufen als verhältnismäßig robust erwiesen hat, reichen die Bemühungen um die Pflegeausbildung bislang bei weitem nicht aus: Voraussichtlich noch in diesem Jahrzehnt wird es in Bayern bereits zu einem kritischen Kipppunkt kommen, wenn die Zahl der erfolgreichen Ausbildungsabschlüsse die Zahl der Renteneintritte von Pflegefachpersonen nicht mehr ausgleichen kann. Eine beunruhigende Perspektive, findet VdPB-Präsident Georg Sigl-Lehner: „Die Ergebnisse unserer Monitoringstudie widerlegen zwar deutlich den Mythos vom sogenannten Pflexit, der den Ausstieg aus dem Pflegeberuf als signifikante Größe zu beschreiben versucht, aber sie zeigen eben auch, dass wir selbst bei steigender Ausbildungskapazität schon in wenigen Jahren nicht mehr so viele Pflegefachpersonen in den Beruf bringen, wie uns die Demografie kosten wird, wenn die Boomer-Jahrgänge in Rente gehen. Das bedeutet nicht nur, dass wir um jeden Ausbildungsplatz kämpfen müssen, der uns beispielsweise durch schließende Krankenhäuser verloren gehen könnte. Das heißt auch, dass wir die personellen Ressourcen, die wir haben, viel besser nutzen müssen.“
Bayerns Gesundheits- und Pflegeministerin Judith Gerlach zum Monitoring Pflegepersonalbedarf Bayern 2023 der Vereinigung der Pflegenden in Bayern (VdPB). „Die Zahlen des aktuellen Monitorings der Vereinigung der Pflegenden in Bayern zum Pflegepersonalbedarf in Bayern 2023 bestätigen: Der Pflegekräftemangel ist eine drängende Herausforderung unserer Zeit. Wir brauchen eine zufriedenstellende Anzahl an gut qualifizierten Pflegepersonal, das eine professionelle Versorgung und Betreuung bieten kann. Wir müssen daher alles daransetzen, Menschen für diesen sehr sinnstiftenden Beruf zu begeistern. Hier sind Bund, Länder, Kommunen, Träger, Verbände und nicht zuletzt die Arbeitgeber gemeinsam gefordert. Wir in Bayern setzen uns in vielfältiger Weise ein und sind im laufenden Austausch mit allen relevanten Akteuren.
Mit unserer Kampagne NEUEPFLEGE.bayern mit dem Motto „NEUE PFLEGE – Eine Ausbildung. Mehr Möglichkeiten.“ setzen wir uns beispielsweise dafür ein, vor allem die junge Generation für den hochprofessionellen und wichtigen Beruf zu begeistern und mit Vorurteilen aufzuräumen. Zudem haben wir in Bayern im letzten Jahr die aufenthalts- und anerkennungsrechtlichen Verfahren ausländischer Pflegefachkräfte in Bayern beschleunigt, vereinfacht und digitalisiert. Denn wer in Bayern in der Pflege unterstützen will, soll nicht mit langwierigen und bürokratischen Prozessen kämpfen, sondern möglichst schnell den Menschen helfen können, die auf die pflegerische Unterstützung angewiesen sind.
Wir müssen aber auch dafür sorgen, ausgebildete Pflegekräfte langfristig im Beruf zu halten. Dafür müssen die Arbeitsbedingungen vor allem durch die Arbeitgeber attraktiv gestaltet werden. Dazu gehören neben einer angemessenen Bezahlung – die mit der Einführung der Tariflohnbindung bereits erreicht werden konnte – auch individuell passende Arbeitszeitmodelle mit verlässlichen Freizeiten, Weiterbildungsmöglichkeiten und Angebote zur Gesundheitsförderung und Krankheitsprävention.
Vor allem ein verlässlicher Dienstplan ist ein wichtiger Baustein für mehr Gesundheit und Zufriedenheit des Pflegepersonals. Wir finanzieren daher aktuell ein Modellprojekt ‚Springerkonzepte in der Langzeitpflege‘ mit bis zu 7,5 Millionen Euro. Das bayerische Gesundheits- und Pflegeministerium stellt zudem knapp 18 Millionen Euro für Präventionsmaßnahmen wie kostenfreie Resilienz-Trainings und Team-Coachings zur Verfügung. Damit unterstützen wir stark belastete Beschäftigte in der ambulanten und stationären Langzeitpflege sowie in Einrichtungen von erwachsenen Menschen mit Behinderung zusätzlich. Außerdem fördern wir im Krankenhausbereich aktuell ein Projekt zur Etablierung innovativer, partizipativ gestalteter Dienstplanmodelle.“