Berliner Behindertenparlament: Ein Schritt in Richtung Inklusion und Partizipation
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Am Samstag, dem 2. Dezember, fand die Sitzung des Berliner Behindertenparlaments (BBP) statt. Von insgesamt 200 Bewerbern erhielten 100 Menschen mit Behinderung die Möglichkeit zur Teilnahme. Unter den Teilnehmenden waren sowohl Senatoren als auch Senatorinnen. Als besondere Überraschung nahm Kai Wegener, der Bürgermeister von Berlin, an der Veranstaltung teil. Im Mittelpunkt stand bei der Sitzung die Diskussion und Abstimmung über verschiedene Anträge, die sich auf verschiedene Lebensbereiche von Menschen mit Behinderungen konzentrierten. (siehe Filmbeitrag)
In seiner Rede betonte der Berliner Bürgermeister, Kai Wegner, die Notwendigkeit von Veränderungen im Umgang mit E-Scootern, um die Barrierefreiheit für Menschen mit Behinderungen zu verbessern. Er unterstrich, dass die zunehmende Präsenz von E-Scootern auf Bürgersteigen eine neue Herausforderung darstellt, insbesondere für Menschen mit eingeschränkter Mobilität.
Wegner betonte, dass viele E-Scooter oft den Gehweg blockieren und somit ein Hindernis für Menschen mit Behinderungen darstellen. Seine klare Botschaft war, dass sich hier etwas ändern muss, um die Lebensqualität und die uneingeschränkte Teilnahme am städtischen Leben für alle Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten.
Er machte darauf aufmerksam, dass die aktuelle Situation nicht nur für Menschen mit Behinderungen, sondern auch für ältere Bürgerinnen und Bürger eine Herausforderung darstellt.
Die Forderung nach Veränderungen bei E-Scootern wurde von Wegner nicht nur als praktische Notwendigkeit für Menschen mit Behinderungen präsentiert, sondern auch als eine zentrale Maßnahme zur Schaffung einer inklusiven Gesellschaft.
In Bezug auf die Mobilität wurde über die Schaffung barrierefreier Fußwege debattiert. Im Bereich Arbeit und Beschäftigung standen Anstrengungen für einen inklusiven Arbeitsmarkt im Fokus. Die Themen Freizeit und Sport betrafen die Schaffung von mehr Zugängen zu Sportstätten und -aktivitäten. Im Gesundheits- und Pflegebereich wurden Barrieren in der ärztlichen Versorgung identifiziert und die Forderung nach ihrer Sichtbarmachung und Beseitigung erhoben. Bildung betreffend sollte die Abschaffung von Sondersystemen in den Fokus gerückt werden. Im Bereich Bauen und Wohnen stand die Forderung nach barrierefreien Milieuschutzgebieten im Raum. Abschließend sollte die Partizipation weiterentwickelt werden, um mehr Beteiligungsrechte für Menschen mit Behinderungen in Berlin zu ermöglichen.
Die Ergebnisse dieser Diskussionen und Abstimmungen wurden anschließend den Senatsverwaltungen übergeben, begleitet von der klaren Forderung, die vorgeschlagenen Maßnahmen umzusetzen.
Im Parlament wurde ein weiteres drängendes Thema angesprochen – die Ausgleichsabgaben. Dabei wurde deutlich, dass viele Landesbetriebe in Berlin offenbar die Ausgleichsabgabe bevorzugen, anstatt Menschen mit Behinderungen einzustellen. Diese Erkenntnis legt nahe, dass es in diesem Bereich erheblichen Nachholbedarf gibt.
Die Diskussion zeigte, dass es wichtig ist, die Gründe zu verstehen, warum Unternehmen lieber Ausgleichsabgaben zahlen, anstatt Menschen mit Behinderungen einzustellen. Dies könnte durch Sensibilisierungsprogramme, Anreize für Unternehmen und eine stärkere Unterstützung bei der Integration von Menschen mit Behinderungen am Arbeitsplatz erreicht werden.
Die Präsidentin des Abgeordnetenhauses, Cornelia Seibeld, äußerte ihre Freude darüber, dass das Berliner Behindertenparlament bereits zum zweiten Mal im Abgeordnetenhaus tagte. Sie betonte die Bedeutung der Inklusion für das Zusammenleben in der Stadtgesellschaft und hob hervor, dass Fragen und Probleme, die aus der Sicht der Betroffenen an die Politik herangetragen werden, einen wichtigen Schritt in Richtung Lösungsfindung darstellen.
Gerlinde Bendzuck, Vorsitzende der Landesvereinigung Selbsthilfe Berlin e.V., wies darauf hin, dass Deutschland laut dem Staatenbericht zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention großen Nachholbedarf bei der politischen Partizipation von Menschen mit Behinderungen hat. Sie forderte eine verstärkte und wirksamere Fortführung des öffentlichkeitswirksamen Dialogs zwischen dem BBP und der Politik, sowie eine gesetzliche Beteiligungsgrundlage und gesicherte Finanzierung für das BBP.
Die hohe Beteiligung an der Veranstaltung zeigte das Interesse und den Willen zur politischen Partizipation. Dominik Peter, Vorstandsvorsitzender des Paritätischen Wohlfahrtsverbands Berlin, bezeichnete es als einen Erfolg für die Behindertenbewegung in Berlin, dass sowohl die Fokusgruppen, die die Anträge erarbeiteten, als auch der Plenartag einen großen Zuspruch erfuhren. Er betonte, dass trotz der zahlreichen Anmeldungen für den Plenartag, die räumliche Kapazität im Abgeordnetenhaus begrenzt war.
Christian Specht, Initiator des Berliner Behindertenparlaments und Mitglied im Vorstand der Lebenshilfe Berlin, unterstrich die Bedeutung des Parlaments für Berlin und betonte die Notwendigkeit, dass sich noch mehr Menschen aus der gesamten Gesellschaft einbringen. Das Berliner Behindertenparlament und seine Zukunft seien von großer Bedeutung für die Stadt.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass das Berliner Behindertenparlament in seiner zweiten Sitzung am 2. Dezember einen bedeutenden Schritt für die Belange von Menschen mit Behinderungen unternommen hat. Die rege Teilnahme von 200 Bewerbern, von denen 100 persönlich anwesend waren, spiegelte das anhaltende Interesse und den Willen zur politischen Partizipation wider.
Die diskutierten und abgestimmten Anträge deckten verschiedene Lebensbereiche ab, darunter Mobilität, Arbeit, Freizeit, Gesundheit, Bildung, Bauen und Wohnen sowie Partizipation. Die klaren Forderungen nach barrierefreien Maßnahmen in diesen Bereichen wurden an die Senatsverwaltungen weitergeleitet, in der Hoffnung, dass sie in konkrete Verbesserungen für Menschen mit Behinderungen umgesetzt werden.
Die Anwesenheit des Berliner Bürgermeisters Kai Wegener und die Unterstützung durch politische Vertreter wie Cornelia Seibeld unterstreichen die Relevanz und Anerkennung des BBP. Die Veranstaltung diente als Plattform, um die Anliegen der Betroffenen direkt mit der Politik zu diskutieren und Lösungsansätze zu erarbeiten.
Die Forderung nach einer gesetzlichen Beteiligungsgrundlage und gesicherter Finanzierung für das BBP, wie von Gerlinde Bendzuck betont, zeigt den Bedarf an langfristiger Unterstützung und Verankerung dieses Gremiums in der politischen Landschaft. Die Erfolge und das anhaltende Interesse an den Plenartagen unterstreichen die Wichtigkeit des Berliner Behindertenparlaments als Instrument für eine inklusivere und barrierefreiere Gestaltung der Stadt Berlin.
Autor: dm/bpp