Bundesrat lehnt Adoptionshilfegesetz ab
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Mit dem Adoptionshilfgesetz sollte der Koalitionsvertrag umgesetzt werden, indem das Adoptionswesen modernisiert wird und die Strukturen der Adoptionsvermittlung verbessert werden, teilt die Regierung mit. Der Gesetzentwurf stütze sich auf die Erkenntnisse des Forschungs- und Expertiseprozesses zum Bereich Adoption aus der letzten Legislaturperiode.
Ziel des Gesetzes war es laut Bundesregierung, das Gelingen von Adoptionen zu fördern und damit das Wohl der Kinder zu sichern. Dazu gehöre eine fachlich fundierte Begleitung durch spezialisierte Fachkräfte vor, während und nach der Adoption. Zu diesem Zweck sollten für alle an einer Adoption Beteiligten ein Rechtsanspruch auf nachgehende Begleitung und eine verpflichtende Beratung vor Abgabe der notariellen Beurkundungen bei Stiefkindadoptionen eingeführt werden.
Das Gesetz ist jetzt im Bundesrat gescheitert. Zur Ablehnung des Adoptionshilfegesetzes durch den Bundesrat erklären Katja Dörner, Stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik, und Ulle Schauws, Sprecherin für Frauenpolitik:
Es ist ein Erfolg der grün mitregierten Länder, dass der Bundesrat dem Adoptionshilfegesetz in seiner jetzigen Form, das offensichtlich verfassungswidrig die Diskriminierung von Regenbogenfamilien verschärfen sollte, seine Zustimmung verweigerte.
Zwar ist eine Reform des Adoptionsrechts lange überfällig. Das Wohl und die Interessen von Kindern müssen dabei im Mittelpunkt stehen. Und tatsächlich geht das vorgelegte Adoptionshilfegesetz in einigen Punkten in die richtige Richtung, hin zu mehr Offenheit und Begleitung bei Adoptionen. Allerdings haben Ministerin Giffey und die CDU/CSU mit ihrer sturen Haltung dieses wichtige Gesetzgebungsverfahren zum Scheitern gebracht.
Der erste große Fehler passierte im SPD-geführten Ministerium mit dem Verfassen eines Gesetzentwurfes, der die verfassungswidrige Diskriminierung von lesbischen Paaren verschärft. Danach blockierte die Union alle Versuche der Grünen, das Gesetz zu verbessern und in einer verfassungskonformen Fassung zu beschließen.
Sowohl die Grüne Bundestagsfraktion als auch die Länder mit grüner Regierungsbeteiligung haben sich konstruktiv an dem Gesetzgebungsprozess beteiligt und hätten dem Gesetz zur Adoptionshilfe ohne die Beratungspflicht für Zwei-Mütter-Familien auch zugestimmt. Leider hat die Koalition zunächst den Änderungsantrag der Grünen Bundestagsfraktion und dann die Vermittlungsversuche der grün mitregierten Länder abgelehnt.
Nun muss das ganze Verfahren von vorne beginnen. Wir als Grüne werden uns weiterhin für die längst überfällige Modernisierung des Adoptionsrechts einsetzen. Gleichzeitig werden wir keinen diskriminierenden Regelungen zustimmen.
Mit dem heutigen Erfolg ist allerdings lediglich die Verschärfung der bestehenden Diskriminierung abgewendet worden. Das geltende Abstammungsrecht benachteiligt weiterhin Kinder aus Regenbogenfamilien und muss dringend reformiert werden. Dazu hat das Bundesjustizministerium längst eine Reform versprochen. Geschehen ist leider nichts, außer dass ein Grüner Gesetzentwurf im Februar dieses Jahres von der Koalition abgelehnt wurde.
Dazu erklären die Stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Nadine Schön, und der familienpolitische Sprecher Marcus Weinberg:
Nadine Schön: „Das heutige Nein von Bündnis 90/Die Grünen zum Adoptionshilfe-Gesetz lässt alle Adoptivkinder im Stich. Schade, dass sie nicht das Wohl der Kinder in den Mittelpunkt stellen. Denn darum geht es in dem Gesetz: Es hat das Ziel, das Adoptionsverfahren zu verbessern. Adoptivkinder sollen bei ihrem ‚Ankommen‘ in ihren neuen Familien unterstützt werden.
Das stärkt ihre Entwicklung. Für Adoptiv- und Herkunftseltern soll eine gute Begleitung vor und nach der Adoption sichergestellt werden.
Die Behauptungen der Grünen, CDU/CSU hätten im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens im Gesetz Verschärfungen zu Lasten lesbischer Paare vorgenommen, sind schlichtweg falsch. Das Adoptionshilfe-Gesetz mit seinen wichtigen Schutzregelungen ist mit Ausnahme kleinerer redaktioneller Klarstellungen so beschlossen wurden, wie es vom Bundeskabinett beschlossen wurde und dem Bundesrat bereits vorlag. Mit keiner Silbe hatte der Bundesrat in seiner ersten Stellungnahme auf eine etwaige Diskriminierung lesbischer Paare Bezug genommen und Änderungen eingefordert.“
Marcus Weinberg: „Die Ablehnung der Grünen zu Adoptionshilfe-Gesetz ist für uns überhaupt nicht nachvollziehbar und sehr bedauerlich. Die Grünen signalisieren mit ihrer ablehnenden Haltung, dass für sie das Wohl der Kinder und damit die Achtung von Kinderrechten eine eher untergeordnete Rolle spielen. Stattdessen führen sie ideologische Grabenkämpfe auf dem Rücken von Adoptivkindern. Denn die Forderung, dass Adoptivelternteile von der Beratungspflicht bei Stiefkindadoptionen ausgenommen werden sollen, wenn sie zum Zeitpunkt der Geburt mit dem leiblichen Elternteil verheiratet sind, wurde jetzt mit aufgegriffen. Damit wären auch die lesbischen Paare erfasst. Auch um einen gemeinsamen tragfähigen gesellschaftspolitischen Kompromiss hinzubekommen, haben die Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD gemeinsam mit der Bundesregierung erklärt, noch vor Oktober 2020 eine Regelung zu beschließen, die diesem Anliegen gerecht wird. Die jetzige Ablehnung der Grünen zu diesem Weg überrascht, weil die Forderungen erfüllt sind.“
Autor: kk / © EU-Schwerbehinderung