Das neue Rentenpaket. Eine erste Analyse.
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Kaum wurde der Entwurf des neuen Rentenpakets vorgestellt, welches derzeitig eine Diskussionsgrundlage darstellt, hagelt es berechtigte Kritik im negativem Sinne. Leer ausgehen sollen wieder einmal u.A. Menschen, die bereits heute eine Rente wegen Erwerbsminderung erhalten. Dabei ist gerade bei diesen Menschen das Artmutsrisiko sehr hoch.
Vielleicht mögen es die damit verbundenen Kosten sein, die Hubertus Heil dazu bewegen, Bestandsrentner aus seiner Rentenreform auszuschließen. Aus unserer Sicht eine Milchmädchenrechnung, denn in allen Berechnungen werden einige Punkte vollkommen ignoriert, auf die wir hier einmal eingehen wollen.
Was wäre also, wenn man Bestandsrentner mit von dem Rentenpaket profitieren lassen würde?
- Die Kaufkraft wird gesteigert.
Wer heute mit seiner Rente an der Armutsgrenze lebt, ist in seiner Kaufkraft stark eingeschränkt, denn der Erwerb von Gütern, beschränkt sich auf das Wesentliche. Mehr Rente bedeutet mehr Kaufkraft und somit zusätzliche Steuereinnahmen und eine Stärkung der Wirtschaft. Davon profitiert nicht nur der Staat, sondern auch einzelne Unternehmen und sogar Gewerkschaften, denn eine erhöhte Kaufkraft stabilisiert den Arbeitsmarkt und sichert Gewerkschaften ihre Mitglieder. - Weniger Sozialleistungen nach SGB XII, der Staat spart Geld
Holt man die betroffenen Rentner mit einer Erhöhung der Rente aus der Armut, entlastet das die Sozialkassen, denn es müssten weniger Menschen Leistungen nach SGB XII beantragen. Kritiker könnten zwar der Meinung sein, dass es doch egal ist, ob die Menschen ihr Geld über Sozialhilfe oder die Rente erhalten, doch dem ist nicht ganz so. Jeder Empfänger von SGB XII Leistungen verursacht beim Staat versteckte Kosten. Das fängt beim Personal im Sozialamt an, das jährlich die Anträge des einzeln erneut bearbeiten muss. Schon diese Kosten sind nicht unerheblich. Gerade weil viele Ämter unter Personalmangel leiden, einzelne Mitarbeiter überlastet sind (Risiko von Krankheiten), wäre eine solche Entlastung nicht nur hilfreich, sondern bestehendes Personal könnte ggf. auch noch an anderen Stellen an denen ebenfalls Personalmangel herrscht, unterstützen. Bei rund 1 Million Antragstellern pro Jahr, kann da schon einiges zusammenkommen, was der Staat an verdeckten Kosten einsparen könnte. - Ein Gewinn für Krankenkassen
Krankenkassenbeiträge richten sich nach Einkommen. Somit kann es für die Krankenkassen nur ein Gewinn sein, wenn weniger Menschen auf Sozialhilfe angewiesen sind. Ein weiterer Gewinn wird der Wegfall der Befreiung von Zusatzzahlungen sein, die die Krankenkassen zusätzlich belasten. - Mehreinnahmen an Rundfunkgebühren
Auch dieser Aspekt kann nicht ganz unter den Tisch gekehrt werden. Bei rund 1 Million SGB XII Empfängern, macht das rund 200 Millionen Euro im Jahr aus, die den Rundfunkanstalten an Gebühren entgehen. - Gesteigerte Teilhabe an der Gesellschaft
Das gerade für Sozialhilfeempfänger die Teilhabe an der Gesellschaft eingeschränkt ist, wird niemanden überraschen. Raus aus der Sozialhilfe bedeutet auch, mehr Teilhabe an der Gesellschaft. Mehr Teilhabe an der Gesellschaft bedeutet auch, betroffene werden mehr Geld für kulturelles ausgeben können. Davon profitiert wiederum die Staatskasse und die kulturellen Veranstalter. Nebenbei werden in diesem Bereich mehr Arbeitsplätze gesichert, was wiederum die Gewerkschaften freuen wird. - Weniger Kosten durch Entlastung der Sozialgerichte
Nicht selten landen die Entscheide der Sozialämter, bei den Sozialgerichten und betroffene müssen ihr Recht bis zur obersten gerichtlichen Instanz durchsetzen. Das belastet nicht nur die Gerichte und bringt diese an ihre Kapazitätsgrenzen, sondern führt zu einer erheblichen Belastung der Staats- und Landeskassen. Betroffene müssen zudem häufig PKH (Prozesskostenhilfe) beantragen. Bei mehreren Tausend Klagen, die jährlich, regional bei den einzelnen Sozialgerichten eingereicht werden, ist die Belastung der Staats- und Landeskassen nicht ganz unerheblich. Weniger Sozialhilfeempfänger, bedeutet auch, weniger Klagen. Die Kassen und Gerichte würden dadurch erheblich entlastet werden.
Leider fehlen im Entwurf von Hubertus Heil (hier als PDF- Download) diese ganzen Aspekte. Es ist jetzt Aufgabe der Fraktionen, diese Aspekte mit in die Diskussionen ein zu bringen und vielleicht schließen sich Verbände, Vereine und Gewerkschaften an und das Rentenpaket wird von einem „Nahles 2.0“ Packet, zu einem „Hubertus 1.0“ Erfolgspaket. Doch dafür muss noch viel getan werden, denn ein „Hauruck Paket“ wie der jetzige Entwurf, wird am Ende die langfristige Situation nicht verbessern sondern Staat, Wirtschaft, Gewerkschaften und Krankenkassen mehr belasten.