Fachverbände begrüßen Gesetz zur Assistenz im Krankenhaus
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Das gestern im Bundestag beschlossene Gesetz zur Assistenz im Krankenhaus, findet bei den Fachverbänden breite Zustimmung. Mit dem Gesetz soll geregelt werden, wenn ein Mensch mit Behinderungen eine Assistenz im Krankenhaus benötigt, wer diese finanziert. Dabei bestimmt das Gesetz noch nicht, welche Kriterien für die Assistenz im Krankenhaus, erfüllt werden müssen, denn dieses wird Aufgabe des Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) sein, dass zu definieren. Schon jetzt steht allerdings fest, dass pflegerische Leistungen nicht zur Mitnahme einer Assistenz berechtigen.
Der Verein Lebenshilfe e.V. betonte gestern:
Heute hat der Deutsche Bundestag endlich den Weg dafür frei gemacht, dass die Assistenz im Krankenhaus für Menschen mit Behinderung finanziell abgesichert wird. Die Fachverbände für Menschen mit Behinderung hatten dies schon lange gefordert und mit aller Kraft darauf gedrängt, dass noch vor der Bundestagswahl eine Lösung gefunden wird.
„Wir sind sehr froh, dass der Gesetzgeber nun gehandelt hat“, erklärt im Namen der Fachverbände Ulla Schmidt, Bundesvorsitzende der Lebenshilfe, MdB und Bundesministerin a.D., „Menschen mit Behinderung und ihren Familien fällt damit ein riesiger Stein vom Herzen, denn der Krankenhausbesuch war für sie bisher von Ängsten und großer Unsicherheit geprägt.“
Die ungeregelte Finanzierung der Assistenz im Krankenhaus war seit vielen Jahren bekannt und hat sich zuletzt durch die Corona-Pandemie noch verschärft. Erst kürzlich hat der Bundestag mit der Verabschiedung des Teilhabestärkungsgesetzes die Bundesregierung aufgefordert, das Problem noch in dieser Legislaturperiode zu lösen. Daraufhin hat die Bundesregierung einen Regelungsentwurf vorgelegt, der heute vom Bundestag beschlossen wurde. Danach soll künftig die Krankenkasse zahlen, wenn Angehörige oder Personen aus dem engsten persönlichen Umfeld Patient*innen mit Behinderung begleiten. Bei Assistenz durch Mitarbeiter*innen von Einrichtungen oder Diensten der Behindertenhilfe sollen die Träger der Eingliederungshilfe zahlen.
Jetzt muss nur noch der Bundesrat zustimmen, damit die neuen Regelungen auch umgesetzt werden können. Ulla Schmidt appelliert daher an die Ministerpräsident*innen: „Lassen Sie die Menschen mit Beeinträchtigung nicht im Stich, geben Sie ihnen die Unterstützung, die sie im Krankenhaus unbedingt brauchen!“
Bayerns Sozialministerin Carolina Trautner: „Ein Krankenhausaufenthalt stellt insbesondere Menschen mit Behinderung vor große Herausforderungen. Diese können zum Beispiel aufgrund von Ängsten auf die Begleitung und Hilfe durch eine vertraute Person angewiesen sein. Auch für die Kommunikation mit dem Menschen mit Behinderung kann diese Person erforderlich sein, damit zum Beispiel die Behandlungsschritte erklärt werden können. Eine Begleitung ist dann für die Sicherstellung der Behandlung von zentraler Bedeutung. Es war mir deshalb ein besonderes Anliegen, dass noch in dieser Legislaturperiode ein erster Kompromiss gefunden wird, um die medizinische Versorgung von Menschen mit Behinderung zu verbessern. Deshalb bin ich froh, dass es jetzt endlich Rechtssicherheit für Menschen mit Behinderung gibt, wenn sie eine vertraute Person als Begleitung bei einem Krankenhausaufenthalt brauchen“.
„Eine gute Nachricht für alle Betroffenen und ihre Familien und ein erster Erfolg für unseren Einsatz auf Landes- und Bundesebene“, betont die Landesvorsitzende der Lebenshilfe Bayern, Barbara Stamm. Für viele erkrankte Menschen mit Unterstützungsbedarf sei es bei einem Klinik-Aufenthalt unabdingbar, in dieser belastenden Situation eine vertraute Begleitperson an der Seite zu haben. Diese könne oft als einzige zwischen den Erkrankten und dem Klinik-Personal vermitteln, erläutert Stamm. „Wir begrüßen deshalb grundsätzlich, dass die Kostenübernahme für die Assistenz im Krankenhaus nun geregelt wurde“, so Stamm weiter. Da die Kosten je nach Assistenzperson einmal durch die Krankenversicherung (Angehörige) und einmal durch die Eingliederungshilfe (Mitarbeitende von Einrichtungen) übernommen werden müssen, dürfe es aber künftig nicht zu einem Hin- und Herschieben der Zuständigkeit zwischen Krankenkassen und Bezirken kommen. Auch müsse es zusätzlich noch weitere Schritte geben, um die gesundheitliche Versorgung von Menschen mit Behinderungen nachhaltig zu verbessern. Wichtig sei etwa, die besonderen Bedarfe und Belange von Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung künftig in medizinisch-pflegerischen Ausbildungen zu lehren. Ebenso müssten die Abläufe in Kliniken rund um Aufnahme, Behandlung und Entlassung zum Wohle der Menschen mit Behinderungen angepasst werden. „All das wird auch das Klinik-Personal entlasten. Und wir wissen, nicht zuletzt durch die Corona-Pandemie, wie dringend nötig das ist“, betont Stamm.
Der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Jürgen Dusel, teilte in den sozialen Medien dazu mit: „Das ist ein toller Erfolg für uns alle. Wenn der Bundesrat nach der Sommerpause zugestimmt hat, überqueren wir gemeinsam die Ziellinie.“
Als bekannt wurde, dass die Ergänzungen zur Assistenz mit in den Bundestag zur Abstimmung gehen, gab es allerdings auch Kritik. Die Sprecherin für Behindertenpolitik der Grünen, Corinna Rüffer, sowie die Sprecherin für Gesundheitspolitik, Maria Klein-Schmeink, betonten schon vorgestern:
"Der Gesetzentwurf sieht nämlich nicht vor, dass alle Menschen mit Behinderungen, die eine Assistenz bei einem Krankenhausaufenthalt brauchen, diese finanziert bekommen. So sind zum Beispiel demenziell erkrankte Menschen, bei denen sich der Unterstützungsbedarf förmlich aufdrängt, ausdrücklich ausgeschlossen.
Außerdem ist zu befürchten, dass die Assistenz nur für diejenigen finanziert wird, die Unterstützung bei der Kommunikation benötigen oder für die der Krankenhausbesuch mit Ängsten verbunden ist. Wer besondere Pflegebedarfe hat, soll diese nicht über die Begleitung abdecken können. Dies ist beispielsweise bei Personen der Fall, die aufgrund einer Lähmung ihre Arme und Beine nicht koordiniert bewegen können. Das ist nicht akzeptabel – eine Finanzierung der Assistenz muss auch für sie möglich sein."
Autor: kk / © EU-Schwerbehinderung