Ampel sondiert, Laschet moderiert und kündigt seinen geordneten Rückzug an
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Im schlichten Messezweckbau City Cube haben sich die drei potenziellen Regierungspartner, Sozialdemokraten, Grüne und Liberale, nun erstmals in Dreierrunde an einen Tisch zusammengesetzt. Doch der Name des Ortes täuscht: Die Würfel sind längst noch nicht gefallen. Es liegt noch ein verdammt langer Weg vor den Protagonisten und Wahlsiegern vom 26. September. Damit aus dem ungleichen Trio eine stabile, zukunftsfähige Regierungskoalition für Deutschland wird, müssen noch viele Hürden aus dem Weg geräumt werden, gilt es, tragfähige Kompromisse zu schmieden - und vor allem Vertrauen zueinander aufzubauen. Es stimmt zumindest hoffnungsvoll, dass die drei Sondierungs-Teams aufgeschlossen und entschlossen, sachlich und ernsthaft an die große Aufgabe herangehen. Wunderdinge sind ohnehin nicht zu erwarten. Es würde schon ausreichen, wenn vernünftig und verantwortungsvoll regiert würde.
Dabei sind die enormen politischen Differenzen in den vorhergehenden Vorsondierungs-Runden nicht kleiner geworden. Immer noch trennen FDP einerseits sowie SPD und Grüne andererseits tiefe Gräben, wenn es etwa um Steuern, Staatsverschuldung, Investitionen, Klimapolitik, Mieten und Bauen oder Verteidigung und anderes mehr geht. Diese tiefgreifenden Gegensätze können womöglich nicht völlig durch Formelkompromisse umschifft werden. Wichtig ist jedoch, dass am Ende das Land vorangebracht wird und dass jede Seite Erfolge für sich verbuchen kann. Wohl auch dass die "Kröten", die es unweigerlich zu schlucken geben wird, niemandem im Halse stecken bleiben.
Auf der anderen Seite herrscht bei der politischen Nummer 2 in Deutschland, der Union, Katzenjammer und - nach der gestrigen Erklärung von Armin Laschet - auch einige Verwirrung. Der glücklose CDU-Chef hatte nämlich nicht, wie von vielen erwartet, seinen Rücktritt erklärt, sondern sich als Moderator einer personellen und inhaltlichen Erneuerung der Union ins Spiel gebracht. Das klingt nach einem geordneten Rückzug und ist zumindest ein Schritt hin zur Anerkennung der bitteren politischen Wirklichkeit.
CSU-Chef Markus Söder und Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hatten zuvor bereits auf Oppositionskurs umgesteuert - und damit offenbar auch die bayerische Landtagswahl in zwei Jahren ins Visier genommen. Denn gegen eine Ampel in Berlin kann die CSU in Bayern viel kräftiger und erfolgverheißender Wahlkampf machen, als wenn sie selbst im Bund mitregieren würde. Edmund Stoiber hatte dies nach verlorener Bundestagswahl 2002 bei der folgenden Bayernwahl mit gewonnener absoluter Mehrheit vorgemacht. Bislang hatte sich Laschet trotzig geweigert, die Realitäten nach der Wahlniederlage anzuerkennen. Er klammerte sich lange an den Strohhalm einer - theoretisch immer noch möglichen - Jamaika-Koalition. Nun scheint es so, dass Laschet diesen Strohhalm loslässt.
Quelle: Mittelbayerische Zeitung - news aktuell
Autor: Redaktion über ots - news aktuell