Urteil zur Sozialhilfe - Antrag kann Kenntnis vermitteln
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Vom Landesgericht Baden-Württemberg wurde ein Urteil veröffentlicht, das sich auf das Antragsverfahren für Sozialleistungen nach dem zwölften Sozialgesetzbuch (SGB XII) bezieht. Anspruch nach dem SGB XII haben nicht nur Rentnerinnen und Rentner, sondern häufig auch Menschen mit Behinderungen. "Für Menschen, die ihren Lebensbedarf nicht mit eigenen Mitteln decken können und die auch keinen ausreichenden Anspruch auf andere, vorrangige staatliche Leistungen haben, soll die Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch des Sozialgesetzbuches (SGB XII) die Deckung des menschenwürdigen Existenzminimums sicherstellen," so das Landessozialgericht.
Das Gericht betont daneben, "Um einen einfachen Zugang zu gewährleisten, sind die meisten der Leistungen nach dem SGB XII nicht von einem Antrag abhängig. Es genügt vielmehr, dass die zuständige Behörde davon Kenntnis erlangt, dass ein möglicher Leistungsberechtigter seinen Bedarf nicht selbst decken kann. Dies ist der sogenannte Kenntnisgrundsatz. Was genau die Behörde für eine solche „Kenntnis“ wissen muss, ist jedoch nicht im Gesetz geregelt und in der Rechtsprechung umstritten. Dies ist vor allen Dingen deswegen wichtig, weil ein Anspruch auf Sozialhilfe grundsätzlich erst ab dem Zeitpunkt der Kenntnis besteht."
Ein Punkt fällt in der Aussage "ist jedoch nicht im Gesetz geregelt" auf, denn indirekt wird damit eine Problematik dargestellt, die viele Menschen im Antragsverfahren erleben. Ist der Antrag gestellt, werden häufig noch weitere Unterlagen und Belege von dem zuständigen Amt eingefordert, für viele Menschen mit Einschränkungen eine Herausforderung und oft nicht kurzfristig leistbar.
Vom Landgericht selbst heißt es zum Sachverhalt: "Mit dieser Problematik hat sich das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg in einer jetzt veröffentlichten Entscheidung auseinandergesetzt. Eine pflegebedürftige ältere Dame, die spätere Klägerin, kam in ein Pflegeheim in Albstadt-Ebingen, konnte aber die Heimkosten mit ihrer Rente nicht decken. Vermögen hatte sie nicht. Ihr Betreuer wandte sich am 17. Oktober 2019 an das Sozialamt des zuständigen Landkreises (den Beklagten), um „die Übernahme der ungedeckten Kosten […] zu beantragen“, wie ein Vermerk des Beklagten festhielt. Er legte verschiedene Unterlagen vor, aus denen sich unter anderem die Rentenhöhe, die Heimkosten und aufgelaufene Rückstände ergaben. Angaben zum Vermögen machte er nicht. Der Beklagte bat den Betreuer schriftlich am 21. Oktober 2019 um weitere Unterlagen und wies darauf hin, dass Leistungen der Hilfe zur Pflege erst ab dem Bekanntwerden der Notlage gewährt werden könnten, „(d.h. frühestens ab dem 17.10.2019).“ Eine Reaktion des Betreuers erfolgte nicht und auch der Beklagte unternahm nichts Weiteres, auch nicht auf eine Nachfrage des Pflegeheims im Juni 2020. Erst nachdem eine neue Betreuerin am 7. Dezember 2020 bei dem Beklagten nochmals Leistungen geltend machte, gewährte der Beklagte Hilfe zur Pflege. Für die vorangegangene Zeit lehnte der Beklagte Leistungen mit Bescheid vom 23. September 2020 ab. Die Leistungen könnten erst ab dem 7. Dezember 2020 erbracht werden, da erst seitdem positive Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen bestehe. Insbesondere zum Vermögen hätten zuvor keine Nachweise vorgelegen."
Die Frage die vom Gericht zu klären war, bezog sich auf den Zeitpunkt, ab wann ein Anspruch auf Leistungen besteht, auch dann wenn noch nicht abschließend geprüft werden konnte. "Werde ein formloser Antrag auf Sozialhilfeleistungen gestellt, der die Behörde ohne weitere Angaben des Antragstellers noch nicht in die Lage versetze, die Anspruchsvoraussetzungen zu prüfen, seien – soweit die Voraussetzungen im Weiteren erwiesen würden – Leistungen dennoch ab Antragstellung zu zahlen," so das Landessozialgericht.
Autor: kk / Quelle: Landessozialgericht Baden-Württemberg Az.: L 7 SO 2479/23
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