Teil 7: Sicherheit am Computer – Nicht für behinderte Menschen und drohender Ausschluss bei Katastrophenwarnungen.
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In den vergangenen Tagen haben wir uns viel mit den Regelbedarfen befasst und dabei gerade einen Aspekt, der besonders für Menschen mit Behinderung interessant ist, außen vorgelassen. Es geht um das Thema der Nachrichtenübermittlung, Computer und Smartphone, die gerade für behinderte Menschen ein wichtiges Instrument zu Kommunikation mit der Außenwelt darstellen.
Wir wollen dabei mehrere Kernaussagen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales betrachten:
- Zitat BMAS: Anschaffungskosten für Kauf und Reparatur von Festnetztelefonen und Handys sind in Abteilung 8 (Nachrichtenübermittlung) mit monatlich 2,29 Euro enthalten. Ferner sind in dieser Abteilung Verbrauchsausgaben für eine Doppelflatrate Festnetztelefon und Internet in Höhe von 30,28 Euro enthalten
Ein SGB XII Empfänger, also auch solche mit Behinderung, würden nach dieser Rechnung mit Glück alle 4 Jahre ein neues günstiges Gerät erwerben dürfen. Doch meist ist auch das unrealistisch, denn nicht selten endet vorher die Akku- Lebensdauer und das Gerät wird zum Reparaturfall. Ein weiterer Aspekt ist das Thema Sicherheit, welches gerade bei Smartphones von Bedeutung ist (siehe weiter unten)
- Zitat BMAS: Die Ausgaben für PC (Datenverarbeitungsgeräte) einschließlich System- und Anwendungssoftware sind in Abteilung 9 (Freizeit, Unterhalt, Kultur) enthalten mit monatlich 2,52 Euro, hinzu kommen Ausgaben für Bild-, Daten- und Tonträger sowie Downloads und Apps mit monatlich 2,19 Euro. Praktisch kann das für den Anwender bedeuten: Kein Virenschutz, denn die meisten Anbieter nutzen Abo- Modelle, die im Schnitt zwischen 4- 5 € im Monat liehen. Kein SPAM- Schutz bei E-Mail, denn auch hier sind die meisten Anbieter in den Monatsgebühren höher und gerade Menschen mit Behinderung haben es schwer einen Anbieter zu finden, der barrierefreie Web- Oberflächen bietet und zudem den notwendigen Schutz vor Schadware und SPAM- Mails.
Selbst Office Abo- Modelle, die oft ein Komplettpacket bieten, welches gerade für behinderte Menschen hilfreich ist um neben den Technologien auch barrierefreie Software zu erhalten, lassen sich mit einem Gesamtbetrag von monatlich 4,71 Euro nicht finanzieren. Wird dann ggf. ein neuer PC/Tablett fällig, der nach heutigem Stand alle 4-6 Jahre zu erwarten ist, dann kann man sich schnell vergewissern, dass hier dem SGB XII Empfänger kaum eine Möglichkeit bietet einigermaßen aktuelle Technologien zum Schutze der Daten ein zu setzen. Eigentlich verwunderlich, neigt man doch gerade in Deutschland dazu, sehr auf Datenschutz zu achten, kritisiert soziale Netzwerke, aber vermeidet bei hilfsbedürftigen Menschen, dass auch diese Datenschutz betreiben können. Aber auch hier sollte man sich genauestens informieren, denn es gibt Anbieter, die sogar barrierefreie Software zu reduzierten Preisen anbieten. Schade nur, dass der Staat hier nicht der Initiator ist und auch an diesen Inklusionsprozess lieber die Augen verschließt, indem behinderte Menschen keine SGB XII Leistungen erhalten, die auch die heutigen technischen Anforderungen in den eigenen vier Wänden helfen zu realisieren.
- Zitat BMAS: Ferner benötigt niemand regelmäßig alle zwei Jahre ein neues Handy, denn ein modernes Smartphone muss nicht alle zwei Jahre ausgetauscht werden; aktuell gibt es zwei Betriebssysteme, für diese werden fortlaufend kostenlose Updates zur Verfügung gestellt. Im Übrigen kann für die Anschaffung auch von Geräten wie Handy ein zinsfreies, aber rückzahlbares Darlehen gewährt werden. Leider hat die BMAS hierbei nicht den Sicherheitsaspekt berücksichtigt, denn die Smartphone- Anbieter der meist verbreiteten Plattform, bieten für ihre Geräte nur für 2 Jahre nach Ersterscheinung eines Gerätes, Sicherheitsupdates an. In der Schlussfolgerung muss man also davon ausgehen, dass Sicherheit und Datenschutz für SGB XII Empfänger generell nicht gewollt ist, denn anders lässt sich so eine Aussage nicht erklärten. IT- Sicherheit und der Schutz personenbezogener Daten ist ein wichtiges Gut und sollte an höchster Stelle stehen. Wer also nach zwei Jahren sein Gerät nicht gegen ein aktuelles Modell austauscht, riskiert genau diesen Schutz seiner und anderer personenbezogener Daten. Das sogar mit Unterstützung eines Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, bei dem nicht zu erkennen ist, dass dieses einen anderen Weg gehen möchte, denn nach weiterer Nachfrage erhielten wir als Antwort (Zitat): „das Ministerium hat ausgesprochen ausführlich auf Ihre Fragen geantwortet. Aus unserer Sicht gibt es daher keinen Anlass, uns noch weiter zu äußern.“ Google wird sogar noch in diesem Jahr nur noch solche Apps zulassen, die für Android 8 herausgegeben werden. Gleiches gilt auch für App- Updates. So heißt es in einem Google Hinweis für Entwickler:
Davon wird mittelfristig auch die App NINA des Bundesministeriums für Bevölkerungsschutz und Katastrophenschutz (BBK) betroffen sein, die als Warn- App dient. Wir haben das BBK über die Zukunft von der App NINA gefragt und dazu folgende Antwort erhalten (Zitat):
NINA wird beständig aktualisiert und um neue Funktionen erweitert, wobei wir uns auch an den Wünschen der Nutzer orientieren. Zur Zeit haben die Arbeiten des BBK den Schwerpunkt Barrierefreiheit. Sowohl die Warn-App NINA als auch die Webseite www.warnung.bund.de sollen noch in diesem Jahr entsprechende Anpassungen erfahren. Beispielsweise werden Videos in Gebärdensprache zur Orientierung und Navigation auf der Webseite eingebunden werden. Zudem kann die Warn-App schon heute über die Sprachassistenten der Betriebssysteme in Android und iOS genutzt werden.
Natürlich kann man das nur begrüßen, das NINA sich in Hinblick auf Barrierefreiheit weiter entwickeln wird und somit der Katastrophenschutz verbessert werden kann, was gerade hinsichtlich der allgemeinen Wetterentwicklung dringend von Nöten ist. Umso unverständlicher ist die Aussage des BMAS, die damit betroffene Personengruppen, die eben auf SGB XII, oder SGB II Leistungen angewiesen sind, aus den Katastrophenschutzfrühwarnungen langfristig oder anderer Nachrichtenbeschaffung ausschließt.
Aber auch Apps, wie „KatWarn“ des Deutschen Wetterdienstes, die gerade in den vergangenen Wochen für die Warnung vor Extremwetterlagen hilfreich waren, werden betroffen sein und wohl so langfristig Menschen mit Behinderung ausschließen müssen, die zwangsläufig mit Altgeräten arbeiten müssen.
Gerne hätten wir an dieser Stelle noch eine Stellungnahme des BSI (Bundesamt für Sicherheit und Informationstechnik) dargestellt, doch leider blieben unsere Anfragen bisher unbeantwortet.