Der Paritätischer und der VdK kritisiert Rentenkommission
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Die Rentenkommission hatte gestern ihren Abschlussbericht vorgelegt. (wie berichteten) Der Paritätische und der VdK haben diesen kritisiert. Der Paritätische hat sich dazu in einer Pressemitteilung geäußert:
Der Paritätische Wohlfahrtsverband zeigt sich enttäuscht von dem Abschlussbericht der Rentenkommission und kritisiert die Kommissionvorsitzenden Gabriele Lösekrug-Möller (SPD) und Karl Schiewerling (CDU) für das unzureichende Ergebnis, das weit hinter den Erwartungen zurückbleibe. Statt konkrete Vorschläge für die langfristige Finanzierung der Alterssicherung zu präsentieren, werde die Problemlösung schlicht vertagt.
Angesichts der demografischen Entwicklung und des Umstands, dass die Generation der sogenannten "Babyboomer" ab diesem Jahr in Rente gehe, fordert der Verband von der Großen Koalition entschlossenes und umgehendes Handeln: Die gesetzliche Rentenversicherung müsse als zentrales Fundament gestärkt, das Rentenniveau gesichert und wieder auf 53 % angehoben werden. Darüber hinaus brauche es eine Mindestrente für langjährig Erwerbstätige und Erwerbsgeminderte. Die Grundsicherung im Alter müsse erhöht und Freibeträge für erworbene Rentenansprüche eingeführt werden.
"Die Vorschläge der Kommission sind zaghaft, wenig originell und werden den aktuellen Herausforderungen nicht gerecht. Probleme werden größtenteils vertagt und sollen nun an einen neu zu gründenden Rentenbeirat weitergereicht werden. Das grenzt an eine Farce und ist nicht das, was man von zwei Jahren Kommissionsarbeit erwartet hätte", so Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands.
An die relevanten Stellschrauben und "heißen Eisen" zur Stärkung der gesetzlichen Rentenversicherung als das zentrale Fundament und "Herzstück" der Alterssicherung habe sich die Rentenkommission offensichtlich nicht herangetraut, kritisiert der Paritätische. Weder spricht die Kommission sich für die Einbeziehung von Beamtinnen und Beamten in die Rentenversicherung aus, auch ausdrücklich nicht für die der Abgeordneten, noch werde die Förderung privater Altersvorsorge in Frage gestellt. Im Gegenteil: Letztere solle nach den Vorstellungen der Kommission sogar ausgebaut werden.
"Weiter so funktioniert nicht mehr", mahnt Schneider. Eine erfolgreiche Gesamtstrategie müsse bereits im Erwerbsleben ansetzen und insbesondere die gesetzliche Rentenversicherung stärken, die Unterstützung privater und betrieblicher Vorsorge dagegen müsse eingestellt werden, fordert der Paritätische. "Die Finanzierung der Rentenversicherung muss auf eine breitere Basis gestellt werden. Kern ist der Umbau der gesetzlichen Renten- zu einer Erwerbstätigenversicherung, in die alle einzuzahlen haben - auch Politiker, auch alle Selbständigen, auch Beamte."
Armutspolitisch seien die Kommissionsergebnisse ein Totalausfall und zeugten angesichts der deutlich gewachsenen Altersarmut von Ignoranz, kritisiert der Verband. "Es muss letztlich darum gehen, wie wir allen Menschen einen würdigen und guten Lebensabend ermöglichen können. Niemand hat Armut verdient", so Schneider. Zu einem "verlässlichen Generationenvertrag" gehört aus Sicht des Paritätischen vor allem, dass die Rente am Ende eines langjährigen Arbeitslebens im Alter und bei Erwerbsminderung zu einem Leben ohne Armut ausreichen muss. Der Bericht der Kommission liefere dazu keine neuen Ideen. Die Kommission lasse Bundesarbeitsminister Hubertus Heil angesichts der anstehenden Herausforderungen buchstäblich "im Regen stehen".
Verena Bentele,die Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland teilte zur Rentekommission mit:
"Keine visionären Ideen, kein Mut!“ So kommentiert die Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland, Verena Bentele, den Bericht der Rentenkommission, der heute in Berlin vorgestellt wurde. Bentele vermisst konkrete Empfehlungen für einen grundlegenden Umbau der Altersvorsorge:
„Dem Bericht der Rentenkommission fehlen die Visionen für einen Systemwechsel. Für eine zukunftssichere Rente müssen endlich alle Erwerbstätigen in die Rentenversicherung einzahlen, also auch Beamtinnen und Beamte, Selbständige und Politikerinnen und Politiker. Die gesetzliche Rentenversicherung muss zu einer Erwerbstätigenversicherung werden.“
Immerhin habe die Kommission sich mit dem Thema beschäftigt. Die Idee werde im Bericht erwähnt, so Bentele:
„Es ist ein Erfolg des VdK, dass die Einbeziehung von Beamten und Politikern durch unsere Kampagne nun auch im Rentenbericht zur Sprache kommt. Die Kommission gibt sogar zu, dass es dafür Argumente gibt. Leider drückt sie sich vor einer klaren und mutigen Empfehlung. Ausdrücklich begrüßen möchte ich, dass kein höheres Renteneintrittsalter empfohlen wird. Das hätte für viele Menschen eine Rentenkürzung bedeutet. Es ist ein Erfolg des VdK, dass diese faktische Rentenkürzung verhindert werden konnte.“
Nach den Vorschlägen des Gremiums soll das künftige Rentenniveau zwischen 44 und 49 Prozent liegen. Das sei zu wenig, so Bentele weiter. Unter 48 Prozent dürfe das Rentenniveau nicht sinken. Nötig seien mittelfristig 50 Prozent. Im Bericht fehlen zudem Verbesserungen für die Erwerbsminderungs¬rentnerinnen und –rentner, die vor Januar 2019 entsprechende Leistungen bezogen. Sie erhalten weniger Geld als Neurentner. Der VdK und der Deutsche Sozialverband bringen diese Ungleichbehandlung vor das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Vage bleibt der Bericht auch mit Blick auf Lösungen für die Zeit nach dem Jahr 2025. Dazu Verena Bentele:
„Die Rentenkommission verschiebt die ungelösten Probleme der Altersvorsorge nun in einen Beirat, der weitere Rentenvorschläge machen soll. Wir fordern, dass wir in diesen Beirat einbezogen werden. Als größte Interessensvertretung von über 2 Millionen Menschen, die wenig Rente haben oder erwerbsgemindert sind, bringen wir eine wichtige Perspektive ein. Vieles ist noch zu tun für eine zukunftsfeste Altersvorsorge. Wir brauchen hier eine große Rentenreform. Und dafür setzen wir uns weiter mit aller Kraft ein.“
Autor: md / © EU-Schwerbehinderung