Persönliches Budget: Oft nicht beansprucht - Anspruch bei Pflegebedürftigkeit?
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Viele Menschen mit Behinderungen kennen es und nehmen es bereits in Anspruch, das persönliche Budget. Das Persönliche Budget ist eine Leistungsform, die in § 29 Sozialgesetzbuch IX verankert ist. Bis auf wenige Ausnahmen ist vorgesehen, dass Menschen mit Behinderung statt Dienstleistungen oder Sachleistungen eine Geldleistung als Budget erhalten, um Teilhabe ausüben zu können. Somit können Menschen mit Behinderung selbstbestimmt entscheiden, welche Hilfe sie benötigen und wer ihnen diese Hilfe in Form von Leistungen erbringen soll.
Ob der Anspruch auf das Persönliche Budget einkommen- und vermögensabhängig ist, dafür hat das BMAS eine Seite eingerichtet, die solche Fragen beantwortet. Dort heißt es: "Grundsätzlich sind nach den speziellen Leistungsgesetzen beantragte Teilhabeleistungen in der neuen Leistungsform des Persönlichen Budgets nicht einkommensabhängig. Hier handelt es sich allerdings um Versicherungsleistungen, für die Arbeitnehmer und/oder Arbeitgeber Beiträge entrichtet haben, auf die - unabhängig vom Einkommen - ein Rechtsanspruch besteht. Daher wird im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung, gesetzlichen Unfallversicherung, sozialen Pflegeversicherung oder Arbeitsförderung Einkommen oder Vermögen nicht angerechnet."
Eine Zielvereinbarung muss der behinderte Mensch mit dem Leistungsträger abschließen, wenn er ein persönliches Budget bekommen will. In der Zielvereinbarung wird gemeinsam festgelegt, welche Ziele mit dem Persönlichen Budget erreicht werden sollen, damit festgestellt werden kann, ob der behinderte Mensch das Persönliche Budget so eingesetzt hat, wie es vereinbart war. Sie enthält mindestens Regelungen über
- die Ausrichtung der individuellen Förder- und Leistungsziele,
- die Erforderlichkeit eines Nachweises für die Deckung des festgestellten individuellen Bedarfs sowie,
- die Qualitätssicherung.
Das persönliche Budget stellt keine Leistung dar, mit der "Kosten des täglichen Lebens" gedeckt werden sollen, sondern eben Leistungen zur Teilhabe, auch gesellschaftlichen. Das wird besonders für Menschen interessant, die zur Teilhabe auf Unterstützung angewiesen sind. Dies gilt grundsätzlich auch für pflegebedürftige Menschen, die durch ihre Pflegebedürftigkeit, meist auch eine anerkannte Schwerbehinderung haben. Es lohnt sich für pflegebedürftige Menschen immer, zusätzlich den Grad der Behinderung feststellen zu lassen, da sich hieraus viele Nachteilsausgleiche ergeben können.
Ist die Antragsstellerinn oder der Antragssteller auf das persönliche Budget, also zusätzlich pflegebedürftig und bezieht Pflegegeld, kann das Persönliche Budget wiederum auch zu Kürzungen beim Pflegegeld führen. Jedoch wenn das Persönliche Budget für beispielsweise eine Betreuungskraft benötigt wird, die ausschließlich durch das persönliche Budget bezahlt wird ist festzustellen, dass es sich dabei um keine Personen handelt, die eine pflegerische Aufgabe erfüllt. Nach Ansicht vieler Juristen, darf das Pflegegeld seitens der Pflegekassen dann nicht auf das persönliche Budget, für das Arbeitgebermodell, angerechnet werden, da das Pflegegeld ausschließlich für die Pflege vorgesehen ist. - Es ist also um so wichtiger, sich hier vorab gut beraten zu lassen, damit das persönliche Budget nicht zur Kürzung des Pflegegelds führt und sich somit die pflegerische Situation verschlechtert, denn Pflege und Teilhabe haben durchaus an einigen Stellen Punkte, wo auch eine pflegerische Leistung, eine Leistung zur Teilhabe sein kann.
Aus dem Teilhabeverfahrensbericht (THVB) mit den Daten für das Jahr 2019 können folgende Aussagen zur Anzahl der Anträge mit einem trägerspezifischen Persönlichen Budget und zur Anzahl der bewilligten Persönlichen Budgets getroffen werden. Demnach wurden 2019 insgesamt 6.231 Anträge gestellt, von denen 5.699 bewilligt wurden.
Zur Bewilligungspraxis bei den Trägern der Eingliederungshilfe kann, so die Bundesregierung, keine präzise Aussage getroffen werden. Mittels der nachfolgenden Aufstellung der Leistungsempfängerinnen und Leistungsempfänger seit 2008 können die Veränderungen der tatsächlichen Inanspruchnahme dargestellt werden:
Persönliche Budgets im Rahmen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen | |
2008 | 2.321 |
2009 | 3.669 |
2010 | 5.073 |
2011 | 6.628 |
2012 | 8.403 |
2013 | 8.516 |
2014 | 9.119 |
2015 | 10.124 |
2016 | 8.574 |
2017 | 11.198 |
2018 | 10.090 |
2019 | 7.370 |
Quelle: Statistisches Bundesamt
Wie viele Anträge seitens der Reha-Träger in den Jahren 2018 und 2019 abgelehnt wurden, dazu konnte die Bundesregierung keine Antwort geben, teilte aber mit: "Im Einzelnen werden für den THVB die Anzahl der beantragten und bewilligten Persönlichen Budgets – jeweils trägerspezifisch und trägerübergreifend – erfasst, jedoch keine Angaben zu abgelehnten Anträgen eines Persönlichen Budgets (vgl. § 41 Abs. 1 Nr. 11 und 12 SGB IX). Diese Anzahl lässt sich aus den vorliegenden Daten auch nicht errechnen, weil die Anzahl der bewilligten Persönlichen Budgets nicht ins Verhältnis zur Anzahl der beantragten Persönlichen Budgets gesetzt werden kann. Hintergrund ist, dass eine Leistung zur Rehabilitation und Teilhabe zunächst nicht in Form eines Persönlichen Budgets beantragt, später im Verlauf des Reha-Prozesses durch den Rehabilitationsträger - mit Zustimmung des Leistungsberechtigten - als solche bewilligt werden kann. Im THVB kann daher die Anzahl der bewilligten Persönlichen Budgets höher sein als die Anzahl der beantragten Persönlichen Budgets."
Die Inanspruchnahme des Persönlichen Budgets sind teils noch gering. Doch die Bundesregierung will: "Zur Umsetzung der Handlungserfordernisse und Empfehlungen aus dem Bericht „Umsetzung und Akzeptanz des Persönlichen Budgets“ hat die Bundesregierung ihre Öffentlichkeitsarbeit weiter verstärkt, um die Informationslage zum Persönlichen Budget etwa durch die Veröffentlichung von Informationsbroschüren und anderen Informationsmaterialien weiter zu verbessern. Daneben besteht die Möglichkeit, sich auf verschiedenen Internetseiten über das Persönliche Budget zu informieren (www.bmas.bund.de, www.einfach-teilhaben.de, www.rehadat.de). Interessierte Bürgerinnen und Bürger können sich mit ihren Fragen zudem an das Bürgertelefon des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) wenden. Die im BMAS eingehenden Anfragen belegen ein hohes Interesse und Informationsbedürfnis der Bürgerinnen und Bürger. Das Persönliche Budget findet auch in der Praxis der Rehabilitationsträger größere Aufmerksamkeit. Zahlreiche Selbsthilfeorganisationen sowie auch die EUTB®-Angebote bieten kompetente Beratung und Unterstützung an. Den Beraterinnen und Beratern der EUTB®-Angebote wurden bereits unterschiedliche Qualifizierungsmaßnahmen von der Fachstelle Teilhabeberatung zum Persönlichen Budget angeboten."
Autor: kro / © EU-Schwerbehinderung