Ergebnisse der Maßnahmen des BTHG - Initiativen beim Budget für Arbeit gefordert

  • 02 Jun
Bildbeschreibung: Der Bundestagsabgeordnete aqus der Unionsfraktion, Hubert Hüppe im Plenum des Bundestags

Das Bundesteilhabegesetz (BTHG) ist das wohl größte behindertenpolitische Reformprojekt der letzten Jahre. Im Jahr 2016 ist es unter der damaligen Koalition von CDU/CSU und SPD mit einer großen Mehrheit beschlossen worden. Ziel war und ist die gesellschaftliche Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK), so formuliert es die Union in einer kleinen Anfrage zum "Stand und Ergebnisse der Maßnahmen nach Artikel 25 Absatz 2 bis 4 des Bundesteilhabegesetzes".

Die Antworten der Bundesregierung hat den Unionsabgeordneten Hubert Hüppe veranlasst, dazu Stellung zu beziehen, denn die Antworten der Bundesregierung zeigen, dass es offensichtlich doch noch viel zu tun gibt. "Wie im Bericht zum Stand und zu den Ergebnissen der Maßnahmen nach Artikel 25 Absatz 2 bis 4 des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) dargelegt, ist die mit dem BTHG angestrebte Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe angesichts einer verzögerten Umsetzung des BTHG und der Pandemiefolgen noch nicht vollständig umgesetzt. In den Begleitprojekten zum BTHG musste daher der von Übergangsregelungen geprägte Umsetzungsstand betrachtet und untersucht werden. Dementsprechend können zum jetzigen Zeitpunkt noch keine abschließenden Aussagen getroffen werden, ob die mit dem BTHG angestrebten Ziele vollumfänglich erreicht werden. Ein grundsätzlicher Handlungsbedarf mit Blick auf Änderungen im Recht der Eingliederungshilfe ergibt sich dementsprechend zum jetzigen Zeitpunkt nicht."

Seitens der Bundesregierung sollen die "noch andauernde Umsetzung der Reform", weiter begleitet werden und "die Projekte des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) zur Unterstützung der Umsetzung des BTHG „Wirkungsprognose“, „Finanzuntersuchung“ und „Umsetzungsbegleitung“", verlängert sowie die "Länder-Bund-Arbeitsgruppe zur Umsetzung des BTHG", fortgesetzt werden.

Allerdings macht die Bundesregierung auch deutlich, dass die Umsetzung des Bundesteilhabegesetz in "die Zuständigkeit der Länder und der jeweils mit der Aufgabe betrauten Träger der Eingliederungshilfe" fällt. Nicht ganz unwesentlich, denn damit wird deutlich, dass die Bundesregierung eben dann doch nicht für alles zuständig ist, sondern Deutschland als föderales System, auch vieles in Verantwortung der Länder umsetzen lässt. Das mag auch der Grund sein, warum wir im "Status" vieler behindertenpolitischen Themen, so unterschiedlichen Sachstand haben.

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"Das BMAS wird - in Übereinstimmung mit dem Koalitionsvertrag - weiterhin intensiv mit an dem gemeinsamen Ziel arbeiten, dass die Umsetzung des BTHG gut gelingt", betonte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS).

Seit langem wird um eine Reform des Entgeltsystems in Werkstätte für behinderte Menschen gekämpft. Der Deutsche Bundestag hatte im Jahr 2019 die Bundesregierung aufgefordert, "innerhalb von vier Jahren unter Beteiligung der Werkstatträte, der Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen (BAG WfbM), der Wissenschaft und weiterer maßgeblicher Akteurinnen und Akteure zu prüfen, wie ein transparentes, nachhaltiges und zukunftsfähiges Entgeltsystem in WfbM entwickelt werden kann". Laut dem BMAS wird diesem durch ein "interdisziplinäres Forschungsvorhabe" nachgekommen. Dabei soll es unter Anderem Zeil sein, "die Entwicklung und Bewertung alternativer Entlohnungs- und Entgeltmodelle" durchzuführen.

"In dem Forschungsvorhaben geht es aber auch um Beschäftigungsperspektiven von Menschen mit Behinderungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Dazu gehören auch das Budget für Arbeit, das Budget für Ausbildung und die anderen Leistungsanbieter", heißt es zu den Inhalten des Forschungsvorhaben. "Es bleibt abzuwarten, ob und wenn ja, welche gesetzlichen Änderungen in Bezug auf das Budget für Arbeit notwendig sein sollten.", so die Bundesregierung weiter.

Ein großes Thema ist immer wieder die Integration behinderter Menschen am ersten Arbeitsmarkt. "Die Vermittlung von Menschen mit Behinderungen in den allgemeinen Arbeitsmarkt gehört zu den gesetzlichen Aufgaben aller anerkannten WfbM (§ 219 Absatz1 Satz 3 SGB IX). Trotzdem scheint das in der Realität nicht gut zu funktionieren, denn den meisten Menschen in einer WfbM gelingt es eben nicht, am ersten Arbeitsmarkt einen Arbeitsplatz zu finden. Nicht selten, weil Unternehmen nicht die Unterstützungsmöglichkeiten kennen, wenn es um die Beschäftigung von Menschen mit Behinderung geht, aber auch deshalb, weil es immer noch Unternehmen gibt, die den Inklusionsauftrag nicht kennen, oder es für Unternehmen lukrativer ist, die Ausgleichsabgabe für jeden nicht besetzten Arbeitsplatz in der Beschäftigungsquote behinderter Menschen zu zahlen.

Der Unionsabgeordnete Hubert Hüppe kritisiert zur Drucksache 20/6935 (295 kb) : "Obwohl in der Fachwelt ein breiter Konsens zum gesetzgeberischen Nachbesserungsbedarf beim Budget für Arbeit besteht, bleibt die Ampel-Regierung untätig. Im Rahmen der UN-Behindertenrechtskonvention hat sich Deutschland dazu verpflichtet, die Inklusion von Menschen mit Behinderung voranzutreiben. Nach und nach sollen Aussonderungseinrichtungen wie Förderschulen und Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) abgebaut werden. Um die Herausforderungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderung handhabbar zu machen, wurde 2016 von der damaligen Koalition aus CDU/CSU und SPD im Zuge des Bundesteilhabegesetzes das Budget für Arbeit eingeführt. Mit dem Budget für Arbeit können Menschen mit Behinderung beispielsweise Arbeitsassistenzen finanzieren, die ihnen Unterstützung und Sicherheit bei ihren beruflichen Aufgaben geben.

Das Instrument konnte sein Potential bisher jedoch nicht entfalten. Durch eine Evaluierung des Bundesteilhabegesetzes wurde ermittelt, dass von den ursprünglich eingeplanten 200 Millionen EUR (2016 – 2020) gerade mal 3 Millionen EUR ausgegeben wurden. Das sind 1,5 Prozent der geplanten Summe.

Die Gründe für die „sehr zögerliche Entwicklung“, wie es in dem Evaluationsbericht auf Seite 15 heißt, sind hinlänglich bekannt. Bürokratische Hürden bei der Antragsstellung, Informationsdefizite bei Arbeitgebern und Arbeitnehmern, ein Mangel anpassenden Arbeits- und Ausbildungsstellen und rentengesetzliche Anreize für den Verbleib in der Werkstatt erschweren, dass das Budget für Arbeit einen tatsächlichen Beitrag zu einem inklusiven Arbeitsmarkt leisten kann. Trotzdem weigert sich das Bundesministerium für Arbeit und Soziales vehement, die notwendigen Änderungen vorzunehmen.

Auf die Frage, welchen Nachbesserungsbedarf sie bei den Budgets für Arbeit und sieht, antwortet die Bundesregierung mit einem nichtssagenden Verweis auf ein interdisziplinäres Forschungsvorhaben mit dem Ziel der Entwicklung alternativer Entlohnungs- und Entgeltmodelle in Behindertenwerkstätten. Der Bericht zu dem Forschungsvorhaben wird noch in diesem Monat erwartet. Bis dahin möchte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gerne abwarten, „…ob und wenn ja, welche gesetzlichen Änderungen in Bezug auf das Budget für Arbeit notwendig sein sollten," welche dann zusammen mit den Ländern und den Verbänden der Menschen mit Behinderung diskutiert werden sollen.

Immerhin fällt mit dem Erscheinen des Berichts der Vorwand für die Regierung weg, bei den beschriebenen Hürden beim Zugang auf den allgemeinen Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderung untätig zu bleiben. Die Bundesregierung muss jetzt aktiv werden und das Budget für Arbeit so nachbessern, dass es sein volles Potential entfalten kann.

Noch schlimmer sieht es beim Budget für Ausbildung aus: Nach nunmehr dreieinhalb Jahren gibt und gab es insgesamt keine 100 Budgetverträge. Obwohl immer wieder angemahnt, weigert sich die Bundesregierung, die notwendigen gesetzlichen Änderungen vorzunehmen. Es entsteht der Eindruck, dass das BMAS gegenüber der Werkstattlobby eingebrochen ist."

Der Beauftragte der Unions-Fraktion für die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen, Wilfried Oellers: "Die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes verläuft schleppend. Diesen Eindruck bestätigt hat nun die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage unserer Fraktion. Die Ampel schiebt die Verantwortung allzu sehr auf die Länder.

Die Bundesregierung hat offensichtlich nicht einmal einen Überblick, wie weit die Länder mit dem Abschluss und der Umsetzung der Landesrahmenverträge sind. Baustellen und möglichen gesetzlichen Handlungsbedarf gibt es genug. Dies betrifft zum Beispiel die Beteiligung von Interessenvertretungen von Menschen mit Behinderungen beim Abschluss von Landesrahmenverträgen, die Frage bundeseinheitlicher Kriterien bei der Bedarfsermittlung, die Sicherung der Finanzierung der personenzentrierten Leistungserbringung oder auch die Beseitigung von Schnittstellen zwischen Eingliederungshilfe und Pflege. Gleiches gilt für die Erarbeitung von Konzepten zur Fachkräftesicherung in der Eingliederungshilfe gemeinsam mit den Ländern.

Auch wenn verbindliche Ergebnisse zur Umsetzung des BTHG erst für Ende 2024 erwartet werden, muss die Bundesregierung viel aktiver werden. Ansonsten bleibt das im Koalitionsvertrag formulierte Ziel ein Lippenbekenntnis, das BTHG auf allen staatlichen Ebenen und von allen Leistungserbringern konsequent und zügig umzusetzen."

Autor: kk / © EU-Schwerbehinderung



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