Cochlea Implantat- Keine Kindeswohlgefährdung bei Verweigerung
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Das ZDF zeigte am gestrigen Abend einen Film in dem es um eine sehr moralische Frage des Kindeswohls ging. In dem Film ging es um die Eltern Simon Ebert (gespielt vom Benjamin Piwko) und Conny Ebert (gespielt von Anne Zander) , beide gehörlos, sowie die Tochter (Delia Pfeffer) Mila, die ebenfalls gehörlos ist. Ein Arzt stellte allerdings bei der Tochter fest, dass sie für ein Cochlea Implantat in Frage käme. Allerdings lehnten die Eltern eine OP, die durchaus auch mit Risiken verbunden ist, für Mila ab.
Die Ablehnung der Eltern führte dazu, dass der Arzt die Eltern beim Jugendamt wegen Kindeswohlgefährdung anzeigte. Es folgte ein Rechtstreit vor Gericht, bei dem das Gericht entscheiden musste, ob eine Kindeswohlgefährdung vorliegt. Das Gericht musste sich mit der Frage befassen, ob eine Kindeswohlgefährdung vorliegt, wenn einem Mädchen die Möglichkeit verwehrt wird, hören zu lernen?
Die Richterin befasste sich in dem Film, ausführlich mit der Thematik und der Familie, entschied am Ende zu Gunsten der Eltern. In der Begründung betonte die Richterin insbesondere, dass Inklusion genauso möglich sein muss und die Gebärdensprache in als Sprache anerkannt ist und somit der Gesellschaftliche Willen nicht maßgeblich sein darf, sondern Inklusion vorangetrieben werden muss.
Weniger bekannt dabei ist, dass dieser Film keine fiktive Situation darstellte, sondern derartige Rechtstreits bereits stattgefunden haben. Ein Fall aus dem Jahr 2017 war ähnlich gelagert und könnte durchaus als Vorlage für den Film gedient haben. Damals betonte die Mutter in dem Real Fall gegenüber der Gehörlosenzeitung: „Ein gehörloser Mensch kann im Leben vieles erreichen: Bildung, einen Beruf, den Führerschein. Es gibt doch Gebärdensprachdolmetscher.“
Wie im Film merkten auch damals die Sozialarbeiter das die Kindeseltern informiert gewesen seien und wirkten „als ob sie diese Entscheidung sehr lange und sehr gut durchdacht haben und dass sie auch die Tragweite der Entscheidung verstehen.“
Am Ende ging der Fall vor dem Familiengericht gut aus, denn das Familiengericht entschied am 29. Februar 2019, „keine familienrechtlichen Maßnahmen einzuleiten.“
Bereits 2014 gab es einen vergleichbaren Fall vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main. Damals kam man ebenfalls zu dem Entschluss, „dass eine Gefährdung des Kindswohls nicht zu erkennen sei und man die Eltern nicht zu einem Cochlea-Implantat zwinge könne – dies verstoße gegen das Grundrecht.“
Eigentlich sollten diese Urteile zeigen, dass es neben den Abwägungen der Eltern, auch Grundrechte gibt und nur weil ein Kind kein Cochlea Implantat bekommen soll, eben keine Kindeswohlgefährdung vorliegt, denn die gesellschaftliche Aufgabe und Pflicht ist es hier, Inklusion voran zu treiben. Trotzdem gibt es immer wieder Ärzte, die einen CI-Zwang (Cochlea Implantat-Zwang) als gegeben sehen und das mit dem Kindeswohl begründen. Offen bleibt dabei, ob sich hier auch wirtschaftliche Interessen abzeichnen könnten, denn bei eindeutiger Rechtsprechung sollte allen anderen Eltern und Kindern, die unnötige Belastung eines Prozesses, erspart bleiben.
Gerade der Film des ZDF zeigt auf, wie hoch die Belastungen innerhalb betroffener Familien sind, aber auch für Richterinnen und Richter die eine moralische Entscheidung treffen sollen. An einem Beispiel mit einem Verkehrsunfall, bei dem ein Fahrer der Familie rückwärtsfahrend aufs Auto aufgefahren ist, wurden die Kommunikationsprobleme verdeutlicht. Die Mutter musste ihre Schwester anrufen, um sie als Gebärdensprachdolmetscher einzusetzen, da die Polizisten nicht in der Lage waren, Gebärdensprache zu verstehen. Das zeigt, wie dringend Inklusion und Kommunikation im Bereich des Öffentlichen Dienst ist, denn in einer inklusiven Welt müsste ein Gebärdensprachdolmetscher für die Polizei, jederzeit zur Verfügung stehen, um diese Barrieren zu beenden.
Autor: kro / © EU-Schwerbehinderung
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