„Inklusion ist mehr als ein schönes Wort“ – Einblicke in die lebendige Praxis
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In Deutschland sind rund 270.000 Menschen mit Beeinträchtigungen in Werkstätten beschäftigt. Diese Einrichtungen bieten ihnen eine wertvolle Möglichkeit zur Arbeit und Teilhabe. Doch wie eine Umfrage zeigt, fühlen sich fast zwei Drittel der Beschäftigten unzureichend entlohnt, wie ZDF-frontal berichtet. Der Sprung in den allgemeinen Arbeitsmarkt bleibt für die meisten eine große Herausforderung – weniger als ein Prozent gelingt der Wechsel.
Die Passauer Donauhof-Werkstätten zeigen beim Tag der offenen Tür, wie Inklusion aktiv gelebt wird, heißt es in einer Pressemitteilung der Caritas Passau. Obwohl die Donauhof-Werkstätten ein hohes Maß an Verantwortung und Engagement für die Beschäftigten mit Behinderung zeigen, bleibt die grundlegende Frage, ob diese Form der Beschäftigung tatsächlich Teilhabe im Sinne von Inklusion bedeutet. 254 Mitarbeiter mit Behinderung sind hier in komplexe Arbeitsprozesse eingebunden. Caritasdirektorin Anderlik und Bgm. Rother betonten die Bedeutung der Werkstätten als verlässlichen Partner für Kliniken und regionale Unternehmen.
Caritasdirektorin Mag.a (FH) Andrea Anderlik, MSc: "Darauf dürfen die Mitarbeiter:innen selbst, die Betreuenden und wir alle stolz sein". Sie betonte die Präzision, Ausdauer und Leidenschaft, mit der gearbeitet werde. Gleichzeitig ereigne sich in diesen Caritas-Einrichtungen Kirche; eben auch am Rand der Stadt. Die Caritasvorständin unterstrich: Inklusion dürfe nicht nur ein schönes Wort für Festakte, bleiben. Entscheidend sei, "dieses Anliegen wirklich in unsere Gesellschaft hineinzutragen und dort zu verorten".
Die Vielfalt der Produkte ist groß. Genauso die Leistung der Mitarbeiter:innen mit Behinderung. Tausend Tonnen Wäsche werden im Jahr für Kliniken und Caritaseinrichtungen gereinigt. Zigtausende Teile für PKW’s und Produkte regionaler Unternehmen bearbeitet.
Davon überzeugte sich auch der Passauer Bürgermeister Andreas Rother. Er sprach von einer "wichtigen Einrichtung in der Stadt". Die Menschen mit Behinderung würden hier erleben, wie sie gebraucht seien und ihr Einsatz wertgeschätzt werde. Gerade für das Städtische Klinikum seien die Donauhof-Werkstätten ein absolut wichtiger und verlässlicher Partner. Er dankte für die über 30 Jahre währende Kooperation.
Der Werkstatt-Leiter, Michael Holler, und sein Team erklärten bei Führungen die Abläufe der WfbM. Das Interesse war riesig. Und die Werkstätten hielten für die vielen Gäste Imbiss, Kaffee und Kuchen bereit. So war es für alle ein runder Tag, ganz besonders für die Mitarbeiter:innen mit Behinderung.
Die Donauhof-Werkstätten sind seit 1993 in Betrieb. Aktuell sind 254 Menschen mit Behinderung in der Werkstatt und davon 18 Teilnehmer im Berufsbildungsbereich beschäftigt. Zu den Kunden zählen unter anderem: Klinikum Passau, Kinderklinik Dritter Orden Passau, ZF Thyrnau, Edscha Automotive, K & B Kunststofftechnik, Würth Elektronik, Lectra. Die Arbeitsbereiche: Montagegruppen: Zähl-, Wiege-, Verpack- und Montagearbeiten sowie Scan-Service; Wäscherei: Großkunde Klinikum Passau mit ca. 100.000 kg/Wäsche im Monat; Metallbereich: Dreh- und Fräsarbeiten; Schreinerei: Schreinereiprodukte, Palettenfertigung.
Schließlich bleibt der Übergang in den allgemeinen Arbeitsmarkt eine große Hürde, die nur sehr wenige überwinden. Das System der Werkstätten bietet einen geschützten Raum, aber sind Menschen mit Behinderung dadurch wirklich gleichberechtigt in die Gesellschaft eingebunden, oder handelt es sich eher um eine Parallelwelt, die das Ziel der Inklusion nur zum Teil erfüllt?
Allgemein betrachtet bieten die Werkstätten für Menschen mit Beeinträchtigungen eine geschützte Arbeitsumgebung. Doch die geringe Entlohnung und die oft begrenzten Perspektiven werfen die Frage auf, ob Werkstätten langfristig genug bieten, um echte Gleichberechtigung und Inklusion zu ermöglichen – oder ob sie mehr Unterstützung brauchen, um den Weg in den allgemeinen Arbeitsmarkt zu ebnen. Damit Teilhabe mehr als ein Schlagwort bleibt, sind weitergehende Maßnahmen und ein gesellschaftlicher Wandel gefragt.