Koalitionsvertrag: Pflege-Finanzierung unzureichend
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Die Absicht der Ampel-Koalition, die Eigenanteile von Pflegeheim-Bewohnern zu begrenzen und die Ausbildungskosten aus Steuermittel zu finanzieren, reicht aus Sicht des VdK Saarland bei Weitem nicht aus. Während die Koalitionsvereinbarung der zukünftigen Ampel-Regierung für den Gesundheitsbereich viele überraschend positive Ankündigungen enthält, bleiben die Perspektiven für die Langzeitpflege aus Sicht des Sozialverband VdK Saarland völlig hinter den aktuellen und zukünftigen Bedarfen zurück.
So reiche ihre Absicht, die Eigenanteile von Pflegeheim-Bewohnern zu begrenzen und die Ausbildungskosten aus Steuermittel zu finanzieren, bei Weitem nicht aus. „Die Ampel-Koalition will erst noch prüfen, wie der Eigenanteil weiter abgesenkt werden kann. Das dauert viel zu lang! Im Saarland ist beispielsweise schon jetzt jeder zweite Pflegeheimbewohner auf Sozialhilfe angewiesen und wird so zum Taschengeldempfänger“, sagt der VdK-Landesvorsitzende Armin Lang. Saarländische Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeeinrichtungen müssen oft mehr als 2700 Euro pro Monat selbst bezahlen.
Vor dem Hintergrund, dass Pflegekräfte künftig tariflich entlohnt und die Personalausstattung verbessert werden sollen, sei ein weiterer Anstieg der Belastungen für die Pflegebedürftigen bereits jetzt gesetzlich festgelegt. „Die in der letzten Reform beschlossenen und nach Verweildauer gestaffelten Zuschüsse der Pflegeversicherung zu den Eigenanteilen sind deshalb nur eine Scheinlösung und bringen für die meisten Pflegebedürftigen keine wirkliche Entlastung. Hinzu kommt, dass ein Großteil der Pflegeheimbewohner längstens ein Jahr in einer Einrichtung wohnt“, sagt Lang.
Wer weniger als ein Jahr in einem Heim lebt, bekommt nach Berechnungen des VdK knapp 55 Euro monatlich. „Dies ist weniger als ein Tropfen auf den heißen Stein“, sagt Lang. Der VdK fordert deshalb eine gesetzliche Absicherung aller Kosten, die bei der stationären Pflege entstehen – also Pflege-, Ausbildungs- und Investitionskosten, so dass der Pflegebedürftige nur noch die Kosten für Unterkunft und Verpflegung selbst zahlen muss. Auch in der ambulanten Pflege müssten die Investitions- und Ausbildungskosten sowie die gesamten pflegebedingten Aufwendungen aus der Pflegeversicherung finanziert werden.
Die von der Ampel-Koalition vorgeschlagene freiwillige „Vollversicherung“, die die kompletten Pflegekosten übernehmen soll, lehnt der VdK Saarland ab. „Weil einkommensschwache Menschen sich höhere Prämien für eine Vollversicherung nicht leisten können, würden Besserverdienende dann noch besser gestellt und die Zweiklassen-Gesellschaft in der stationären Pflege weiter zementiert“, so Lang. Stattdessen fordert der VdK Saarland die sofortige Zusammenlegung der gesetzlichen mit der privaten Pflegeversicherung, die erhebliche Überschüsse erwirtschaftet. Zumindest sei ein nachhaltig spürbarer Risiko-Struktur-Ausgleich zwischen den Pflegeversicherungssystemen nötig.
Dass die Ampel-Koalition die Tagespflege bedarfsgerecht ausbauen will, begrüßt der Sozialverband. Damit wird eine Forderung des VdK Saarland übernommen, die dieser zusammen mit weiteren Partnern in einem umfassenden Konzept dargelegt hat, an dem sich die Koalition gerne orientieren könne. Damit Pflegebedürftige und ihre Angehörigen wirklich entlastet werden, müsse neben der Kurzzeit- und Verhinderungspflege auch die Tagespflege in das künftige Entlastungsbudget einbezogen werden.
Die Dynamisierung des Pflegegelds sei ein wichtiges Signal für pflegende Angehörige. Dass die Pflegezeit für erwerbstätige pflegende Angehörige reformiert werden und diese eine Lohnersatzleistung erhalten sollen, lobt der VdK Saarland. Damit werde eine langjährige Forderung des Sozialverbands erfüllt. Die bisherige Regelung hätten nur wenige hundert Betroffene pro Jahr überhaupt in Anspruch genommen.
Der VdK Saarland begrüßt die Ankündigung, innovative quartiernahe Wohnformen ins Sozialgesetzbuch aufzunehmen und zu fördern. Die künftige soziale Wohnraumförderung müsse deshalb aber auch einkommensabhängige Zuschüsse für den barrierefreien und technikgestützten Umbau von Wohnungen beinhalten, fordert der Sozialverband.
Die Ankündigung der Ampel-Koalition, die 24-Stunden-Betreuung rechtssicher gestalten zu wollen, begrüßt der VdK Saarland, der zusammen mit der Arbeitskammer des Saarlandes ein bundesweit einmaliges Konzept zur Herstellung von Rechtssicherheit vorgelegt hat, ebenso. „Wir freuen uns, dass die Betreuung in häuslicher Gemeinschaft Eingang in den Koalitionsvertrag gefunden hat und sind gerne bereit, die Vorschläge von VdK und Arbeitskammer dort einzubringen“, sagt Lang.
Autor: VDK Presse und Öffentlichkeitsarbeit / © EU-Schwerbehinderung