Trotz Kritik - Weg frei für die Modernisierung des Personenbeförderungsrechts - "Damit droht der Ausschluss der blinden und sehbehinderten Menschen"
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Der Verkehrsausschuss hat den Weg frei gemacht für eine Modernisierung des Personenbeförderungsrechts, teilte die Bundesregierung heute mit. „In der Sitzung am Mittwoch votierte der Ausschuss mit den Stimmen der Fraktionen von CDU/CSU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen für den Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen „zur Modernisierung des Personenbeförderungsrechts“ (PBefG) (19/26175) in der auf Basis eines Änderungsantrags von Unions- und SPD-Fraktion geänderten Fassung. Die Fraktionen von AfD, FDP und Die Linke lehnten den Änderungsantrag sowie den Gesetzentwurf ab.
Zu dem Gesetzentwurf gab es Entschließungsanträge der Grünen und der AfD, die beide abgelehnt wurden. Zustimmung fand hingegen ein Entschließungsantrag der Koalition, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, ein Rechtsgutachten zur Untersuchung der Regelungen zur Absicherung von Sozialstandards im Mobilitätsgewerbe vorzulegen. Auf Ablehnung stießen derweil Anträge der FDP-Fraktion (19/26186) und der Linksfraktion (19/26173)“, heißt es in der Mitteilung.
Durch eine Änderung des Personenbeförderungsgesetzes wird sowohl eine neue Form des Linienverkehrs innerhalb des ÖPNV (Linienbedarfsverkehr) als auch eine neue Form des Gelegenheitsverkehrs außerhalb des ÖPNV (gebündelter Bedarfsverkehr) eingeführt und werden einzelne Regelungen zum Taxen- und Mietwagenverkehr angepasst. Die Änderungen sind dabei so ausgestaltet, dass zwischen den unterschiedlichen Beförderungsformen ein fairer Ausgleich gewahrt bleibt und die Länder oder die nachgeordneten Kommunen entsprechende Steuerungsmöglichkeiten erhalten.
Der VdK begrüßte zwar den Regierungsentwurf, kritisierte in seiner Stellungnahme aber auch: "Ungeachtet dessen weisen wir darauf hin, dass auch der Entwurf Regelungslücken aufweist, die eine ungehinderte und selbstbestimmte Nutzung der neuen Verkehre durch Menschen mit Behinderungen erschwert, für einzelne Nutzergruppen sogar zum Ausschluss führen kann. Unzureichend geregelt ist beispielsweise die Barrierefreiheit des gesamten Buchungs-und Bezahlvorgangs. Zwar unterliegen die Verkehre, die zum ÖPNV gehören, den Bestimmungen des neu gefassten § 12 Behindertengleichstellungsgesetzes (BGG) über Webseiten und mobile Anwendungen. Für die privaten Verkehre gilt dies jedoch nicht. Damit droht der Ausschluss beispielsweise der blinden und sehbehinderten Menschen von der Nutzung der privaten Angebote"
Kirsten Lühmann (SPD), verkehrspolitische Sprecherin und Detlef Müller (SPD), zuständiger Berichterstatter:
Mit der Neuregelung des Personenbeförderungsrechts (PBefG) wird ein klarer Rechtsrahmen für neue plattformgebundene Mobilitätsangebote geschaffen. Im Fokus der neuen Regelungen steht die Steuerungsfähigkeit der Kommunen, Verkehre in ihrer Region nach ihren Bedürfnissen zu gestalten.
„Mit der Novelle des Personenbeförderungsrechts haben wir einen sehr guten und ausgewogenen Vorschlag zur Neuregelung des Personenverkehrs in Deutschland vorgelegt. Wir schaffen für neue Angebote wie Pooling-, On-Demand- und plattformgebundene Verkehrsarten einen klaren Regelungsrahmen, der das bestehende Angebot des Personenverkehrs mit ÖPNV, Taxi und Mietwagen ergänzt, ohne diese Angebote zu kannibalisieren. Gleichzeitig schaffen wir Entlastungen für das Taxigewerbe und neue Möglichkeiten für den ÖPNV, nachfragegesteuerte Angebote für die sogenannte erste und letzte Meile sowie für ländliche Regionen anzubieten.
Als SPD-Fraktion war uns dabei immer wichtig, dass wir mit den neuen Angeboten ein mehr an Mobilität bei weniger Verkehr ermöglichen. Nur so lassen sich die Voraussetzungen schaffen, um den Mobilitätsmarkt auch im Hinblick auf Nachhaltigkeit und Klimaverträglichkeit zukunftsfähig zu gestalten. Nur so können wir unsere Ziele für die Mobilitätswende erreichen und den Mobilitätsbedürfnissen der Menschen in unserem Land gerecht werden.
Einen besonderen Stellenwert nehmen für uns gute Arbeitsbedingungen ein. Beschäftigte von Plattformbetreibern sind häufig prekären Arbeitsbedingungen ausgesetzt. Wir haben nun erreicht, dass Kommunen zum Schutz der Beschäftigten Sozialstandards festlegen können.
Generell messen wir den Kommunen eine wichtige Rolle bei, indem wir diesen weitreichende Gestaltungskompetenzen für die Verkehrsangebote in ihrem Bereich einräumen. Dazu gehören beispielsweise Genehmigungsvorbehalte, Vorgaben zur Barrierefreiheit oder auch ökologische Standards. Gleichzeitig stärken wir die Kommunen durch datengebundene Kontrollmöglichkeiten zum Nachweis von Verstößen gegen die Rückkehrpflicht sowie zur Durchsetzung von Sanktionen.“
Von den Oppositionsfraktionen kam Kritik: „Aus Sicht der AfD ist als Folge der Neuregelung ein regionaler Flickenteppich zu befürchten. Die FDP-Fraktion bezeichnete die beibehaltene Rückkehrpflicht für Mietwagen als „ökologisch und ökonomisch unsinnig“. Die Linksfraktion hält indes den Mietwagenmarkt weiterhin für unreguliert und befürchtet ein Anwachsen des Verkehrs in den Städten.
Nach Auffassung des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) ist die geplante Modernisierung eine Antwort auf Mobilitätsnachfragen sowohl der Metropolen als auch im ländlichen Raum, wie der Parlamentarische Staatssekretär Enak Ferlemann (CDU) sagte. Nach fünf Jahren, so kündigte er an, werde das Gesetz evaluiert.“, heißt es in den Parlamentsnachrichten.
Autor: kk / © EU-Schwerbehinderung