Pränataltests - Rückenwind für interfraktionelle Gruppe von Rüffer
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Morgen ist der Welt-Down-Syndrom-Tag und in diesen Zusammenhang stellen sich immer wieder ethische Fragen. Gängige Praxis ist das Diagnoseverfahren der invasiven Pränataldiagnostik. Ein Verfahren bei dem der Mutter Fruchtwasser entnommen wird und das dort drin befindliche Genmaterial des nicht geborenen Kindes, auf entsprechende Hinweise einer Trisomie (Down-Syndrom) untersucht wird.
Ein zweites Verfahren ist der nicht-invasiver Pränataltest (NIPT). Ein Verfahren bei dem der werdenden Mutter Blut entnommen wird und damit mit weniger Risiken verbunden ist. Mit ihm kann mittels einer Blutprobe das Risiko für Trisomie 13 und 18 und Trisomie 21 (Down-Syndrom), bereits früh in der Schwangerschaft bestimmt werden. Im Juli 2022 ist der NIPT durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) als Kassenleistung zugelassen worden. Allerdings besteht bei dem Test immer noch die Unsicherheit bezüglich seiner Zuverlässigkeit und schon deshalb ist der Test in Kritik geraten. "Beim NIPT handelt es sich um ein Suchverfahren und nicht um ein Diagnoseverfahren. Das Ergebnis des NIPT ist eine Wahrscheinlichkeitsangabe, keine gesicherte Diagnose. Ist das Ergebnis negativ, kann eine Trisomie mit großer Sicherheit (über 99 Prozent) ausgeschlossen werden. Aber gerade bei jüngeren Schwangeren tritt die Option eines falsch-positiven Testergebnisses häufiger auf und bedarf einer zusätzlichen diagnostischen Abklärung. Da der NIPT von den Hersteller:innen jedoch als sicher beworben wird, ist zu befürchten, dass Schwangere und werdende Eltern ein auffälliges Ergebnis bereits als Diagnose über ihr werdendes Kind verstehen und einen Schwangerschaftsabbruch im Rahmen der Fristenregelung erwägen," heißt es dazu in dem Dringlichkeitsantrag der der Fraktionen der SPD, DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der CDU und der FDP, im Landesparlament von Niedersachsen.
"Eine erwünschte Schwangerschaft ist ein wundervolles Ereignis. Doch mit der guten Nachricht werden gleichzeitig oft auch Sorgen, vor allem bei der schwangeren Person geweckt. Schaffe ich das alles, wird alles gut gehen? Was, wenn das Kind nicht gesund ist oder eine Behinderung hat? Wie käme ich, wie käme mein Umfeld damit klar?", das sind die Fragen die sich einleitend in dem Antrag wiederfinden. In dem Antrag wird auch die Befürchtung dargestellt, dass die Kassenfinanzierung des NIPT dazu führen könnte, dass auch weitere Anträge auf Test für andere genetische Auffälligkeiten werden könnte.
Daher heißt es in der Beschlussempfehlung des Dringlichkeitsantrags: "Die Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf, eine Bundesratsinitiative zu ergreifen, mit der die Bundesregierung aufgefordert wird,
- ein Monitoring zur Umsetzung und zu den Folgen des Beschlusses der Kassenzulassung von nicht-invasiven Pränataltests zu implementieren, durch das zeitnah belastbare Daten zu verschiedenen Aspekte erhoben und ausgewertet werden (z.B. zu der in der Mutterschaftsrichtlinie geforderten ausführlichen medizinischen Beratung Schwangerer vor und nach der Inanspruchnahme eines NIPT, zu Bedarfen und Angeboten nicht-medizinischer Beratungsangebote und zur Qualität ihre Vernetzung, zur Inanspruchnahme des NIPT sowie deren Gründe, zur Inanspruchnahme einer anschließenden invasiven Abklärung und zur Entwicklung der Geburtenrate von Kindern mit Trisomie 21);
- ein interdisziplinäres Expert:innengremium einzusetzen, das die rechtlichen, ethischen und gesundheitspolitischen Grundlagen der Kassenzulassung des NIPT zu prüfen hat. Das Gremium soll den Bundesgesetzgeber fachlich hinsichtlich der Schaffung einer sachgerechten, ethisch verantwortlichen und rechtssicheren Grundlage für das Angebot und den Zugang zu vorgeburtlichen genetischen Tests ohne therapeutische Handlungsoptionen beraten. Hierbei sind insbesondere auch die Qualitätskriterien der in der Mutterschaftsrichtlinie geforderten ausführlichen medizinischen Beratung in den Blick zu nehmen.
- auf Grundlage des Monitorings und der Arbeit des Gremiums das Thema Umsetzung und Folgen des Beschlusses der Kassenzulassung von nicht-invasiven Pränataltests in die Konferenzen der Gesundheitsminister:innen der Länder, der Gleichstellungs- und Frauenminister:innen der Länder und der Arbeits- und Sozialminister:innen der Länder einzubringen.
Corinna Rüffer, Berichterstatterin für Behindertenpolitik & Obfrau im Petitionsausschuss von der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen betonte dazu heute:
"Ich freue ich mich sehr über den interfraktionellen Antrag zum Umgang mit vorgeburtlichen Bluttests (NIPT), den die Bremer Bürgerschaft diese Woche beraten und beschließen will. Für die interfraktionelle Gruppe im Bundestag bedeutet der Vorstoß aus Bremen Rückenwind für die parlamentarische Arbeit.
Mit dem Dringlichkeitsantrag wird der Bremer Senat aufgefordert, eine Bundesratsinitiative für eine sachgerechte, ethisch verantwortliche und rechtssichere Anwendung von nicht-invasiven Pränataltests zu starten. Grundlage dafür soll ein Monitoring zur Umsetzung und den Folgen der Kassenfinanzierung des Trisomie-Blutests sein sowie ein interdisziplinäres Expert*innengremium zur Prüfung der rechtlichen, ethischen und gesundheitspolitischen Grundlagen der Kassenzulassung.
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Die Kassenfinanzierung des NIPT berührt fundamentale ethische Fragen und Werte unserer Gesellschaft. Denn es geht beim vorgeburtlichen Bluttest nicht um eine soziale Frage oder um Selbstbestimmung – sondern um Diskriminierung und Selektion. Ich hoffe deshalb sehr, dass der Vorstoß aus Bremen Erfolg haben wird und der Bundestag sich endlich ernsthaft mit der Kernfrage beschäftigt, die im Zentrum des NIPT steht: Haben behinderte Menschen in dieser Gesellschaft den gleichen Platz und die gleiche Würde wie alle anderen Menschen?"
Autor: kk / © EU-Schwerbehinderung
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